Reifenindustrie: Bei Hankook testet man jetzt auch virtuell
1. Oktober 2024Künstliche Intelligenz durchdringt zunehmend unseren Alltag und verbreitet sich auch in der Arbeitswelt. Jetzt setzt auch die Reifenindustrie auf die neue Technologie. So hat Reifenhersteller Hankook jetzt seine realen Tests durch welche mit KI-Unterstützung ergänzt.
Auch Reifenhersteller setzen bei Entwicklung und Erprobung immer häufiger auf leistungsstarke Großrechner, dort wo zuvor ausschließlich Fahrzeuge um enge Kurven zirkelten, um Grip und Fahrdynamik im Extrembereich zu testen. Anstatt mehrere Prototypen zu fertigen, die auf rauem Asphalt Langlebigkeit und sichere Fahreigenschaften an den Tag legen müssen, wägen intelligente Algorithmen in der Konzeptphase unter anderem das optimale Mischungsverhältnis der verschiedenen Rohstoffe ab.
Potenzial für die Reifenindustrie
Der Premium-Reifenhersteller Hankook hat das Potenzial schon früh erkannt und gestaltet die Entwicklung der schwarzen Rundlinge nicht nur schneller und effizienter, sondern vermindert durch den stark reduzierten Einsatz von realen Prototypen sogar den Einfluss auf die Umwelt.
„Die Simulation wird in den nächsten Jahren das reale Testen ergänzen und deutlich zurückdrängen – auch wenn sie es nicht komplett eliminiert. Worum geht es beim Einsatz von Simulation und Künstlicher Intelligenz? Der Ausgangspunkt der Entwicklung ist nicht allein die Reifentechnik, sondern wir müssen uns als Teil des Gesamtfahrzeugs sehen. In der Automobilindustrie herrscht ein enormer Druck, die Zahl der Prototypen zu senken und auf virtuelle Methoden zu setzen. Von dort kommen auch ein großer Teil des Fahrzeugsimulations-Knowhows und der Daten. Und beides können zunehmend auch Zulieferer wie Reifenhersteller nutzen. Im Ergebnis beschleunigt KI virtuelle Testverfahren und liefert Ergebnisse in deutlich kürzerer Zeit.“
Klaus Krause, Vizepräsident und Leiter des Hankook Europe Technical Center in Hannover
Ressourcen schonen mit KI
Durch den Einsatz von KI erzielt Hankook wichtige Synergieeffekte in der Reifenentwicklung und in der Reifenindustrie: So sieht der aufwendige Prozess üblicherweise die Herstellung und das mehrmalige Testen physischer Prototypen vor. Doch in der Entwicklung neuer Materialmischungen setzt Hankook verstärkt auf die Unterstützung durch Künstliche Intelligenz. Bei dem hochkomplexen Verfahren kommen Rohstoffe mit unterschiedlichen Eigenschaften und in unterschiedlichen Anteilen zum Einsatz, die wiederum aufeinander abgestimmt werden müssen.
Erst im perfekten Zusammenspiel aus Mischungsverhältnis und -reihenfolge, Temperatur sowie Druck entsteht das ideale Ergebnis. Dabei lässt sich mittels KI einschätzen, über welche physikalischen Eigenschaften die künftige Mischung verfügen wird. Die trainierten Algorithmen können sogar Empfehlungen für den optimalen Mix geben, was die Entwicklungszeit erheblich verkürzt. Denn der aufwendige Prozess der Herstellung und des mehrmaligen Testens physischer Prototypen entfällt nahezu vollständig.
Trotz zahlreicher Innovationen durch Künstliche Intelligenz bleibt aber das „humane“ Reifenfachwissen in der Reifenindustrie zentral: Die Einschätzung, ob das Ergebnis stimmt oder nicht, treffen in letzter Konsequenz immer die Experten. Und die haben auch großen Einfluss auf die Qualität und die Menge der Daten, mit denen die KI zuvor „gefüttert“ wurde.
Dennoch lässt sich bereits jetzt mit dem Einsatz von Simulation und KI viel schneller erkennen, ob eine Entwicklungsrichtung zielführend ist. Ist sie es nicht, lässt sich frühzeitig nachjustieren, um unnötigen Entwicklungsaufwand zu vermeiden. Durch die rasante Weiterentwicklung der KI dürften sich der Automobilbranche und damit auch der Reifenindustrie in Zukunft weitere große Potenziale erschließen. Als unverzichtbare Assistenz in der Reifenentwicklung wird KI in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen – auch wenn die schnelle Runde auf der Teststrecke weiterhin fester Bestandteil im Prüfprotokoll bleiben dürfte.