Zeitreise durch den digitalen Wandel im automotive Aftermarket
23. Juli 2025Der Automobil-Aftermarket hat in den letzten zwei Jahrzehnten einen fundamental digitalen Wandel erlebt. Was einst von Telefon- und Faxbestellungen sowie zentimeterdicken Teilekatalogen geprägt war, ist heute ein Spielfeld digitaler Plattformen und automatisierter Workflows. Hersteller, Großhändler und Werkstätten stehen vor der Herausforderung, sich diesen neuen digitalen Spielregeln anzupassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und Kundennähe zu schaffen. Speed4Trade hat zum 20-jährigen Firmenbestehen ein Trendreport Special herausgegeben, der die digitale Entwicklung des automotive Aftermarket in den letzten 20 Jahren nachzeichnet.
Eine Zeitreise durch den digitalen Wandel
Zwischen 2005 und 2010 bildete sich die digitale Basis. Erste Webshops und Marktplätze entstanden im Aftermarket, und digitalisierte Teile- sowie Fahrzeuginformationen aus Datenbanken wie TecDoc wurden zur Grundlage für den Online-Verkauf genutzt. Der manuelle Suchprozess in Katalogen begann sich zu verkürzen, und erste Schnittstellen zwischen ERP-Systemen und digitalen Katalogen wurden etabliert. In dieser Frühphase traten Akteure wie Ebay Motors als B2C-Marktplatz und Amazon in Deutschland in den Autoteilemarkt ein. So kam mehr Schwung in den digitalen Wandel.
Die Jahre 2010 bis 2015 markierten die Professionalisierung des E-Commerce. Das Internet etablierte sich als vollwertiger Vertriebskanal. Shopsysteme wurden funktionsreicher, und die Teile-Identifikation durch Funktionen wie Fahrzeugverwendungslisten auf Plattformen wie Ebay Motors wurde beschleunigt und strukturierter. Gleichzeitig setzte eine Marktkonsolidierung ein, und große Online-Händler wie Autodoc und Kfzteile24 gewannen durch aggressives Online-Marketing Marktanteile. Middleware-Lösungen wurden zum entscheidenden Bindeglied, um ERP-Systeme mit Online-Shops und Marktplätzen zu verbinden und Verkaufsprozesse wie Bestandsabgleich und Preisupdates zu automatisieren.
Von 2015 bis 2020 wurde die Plattformökonomie zum dominierenden Faktor. Autodoc stieg zum europäischen Schwergewicht auf, und Teilehersteller begannen, über den Direktvertrieb nachzudenken. Marktplätze entwickelten sich zur ernsthaften Konkurrenz für klassische Handelsmodelle. Parallel dazu setzten sich B2B-Self-Service-Portale durch, die es Werkstätten und Großhändlern ermöglichten, rund um die Uhr Teile zu bestellen, Echtzeitverfügbarkeiten zu prüfen und individuelle Konditionen zu erhalten. Auch Amazon Business etablierte sich in Deutschland, und die Online-Bestellung von Reifen, Felgen und Kompletträdern inklusive passender Konfiguratoren wurde alltäglich.
Digitalisierung auf der Überholspur
Die Phase von 2020 bis 2025 ist durch eine nochmals beschleunigte Digitalisierung gekennzeichnet. Die Corona-Pandemie wirkte als starker Digitalisierungstreiber, da kontaktlose Prozesse und eine krisensichere digitale Aufstellung essenziell wurden. Die Elektromobilität verändert die Teilevielfalt und das Suchverhalten, was eine schnelle Anpassung der Shops und Portale erfordert. Besonders hervorzuheben ist, dass die User Experience und das „Amazon-Feeling“ – schnelle Suche, klare Filter, einfache Bestellprozesse – für B2B-Kunden ebenso wichtig geworden sind wie für Endverbraucher. Headless-Commerce-Plattformen gewinnen an Bedeutung, um die steigende Vielfalt an Kunden-Touchpoints effizient zu bedienen. Eine Schlüsselrolle spielt zudem der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI).
7 Impulse für den digitalen Erfolg
Die Autoren der Speed4Trade Studie machen 7 Faktoren aus, die den digitalen Erfolg von Unternehmen beeinflussen können:
- Sorgfältige Datenpflege: Aktuelle, korrekte und vollständige Produktdaten sind die Basis. Eine Middleware, die ERP, PIM, Online-Shop und Marktplätze verbindet, sichert Datenkonsistenz über alle Systeme hinweg und stellt verkaufsfertige Angebote bereit.
- Personalisiertes Einkaufserlebnis: Kunden erwarten maßgeschneiderte Angebote. Personalisierte Produktempfehlungen, ein ausgebautes Logistiknetzwerk, intensivere Beratung und 24/7-Support durch digitale Tools wie Chatbots sind hier entscheidend.
- Omni-Channel-Strategie: Die Kombination aus eigenem Online-Shop und Vertrieb über Marktplätze wie Amazon oder Ebay ermöglicht eine kanalübergreifende Kundenansprache. Dies erfordert moderne ERP-Systeme und dynamisches Lager- und Retourenmanagement.
- Wissen und Kompetenz: Kontinuierliche Schulung von Mitarbeitern, Händlern und Partnern durch benutzerfreundliche B2B-E-Learning-Plattformen, die interaktive Inhalte und Gamification nutzen, stärkt die Wettbewerbsfähigkeit.
- B2B-Online-Portal: Der Aufbau einer zentralen Schnittstelle für Geschäftskunden ist Pflicht. Sie beschleunigt Verkaufsprozesse, bindet Kunden, sammelt wertvolle Daten und bietet exklusive Online-Services wie Konfiguratoren oder Community-Funktionen.
- Direct-to-Consumer (D2C): Für Hersteller ist der Direktvertrieb an Endkunden eine Möglichkeit, direkten Zugriff auf Kundenfeedback zu erhalten, schnell auf Bedürfnisse zu reagieren und volle Kontrolle über Preise und Logistik zu gewinnen.
- Einsatz von KI: KI automatisiert Prozesse, sagt Teilebedarf voraus (Predictive Ordering) und verbessert die Kundenerfahrung durch automatisierte Bestellbearbeitung, präzise Lagerverwaltung und personalisierte Empfehlungen. Sie hilft auch, Engpässe zu vermeiden.
Der Wandel zum Plattform-Unternehmen
Der Aftermarket bewegt sich weg vom reinen Teileverkauf hin zu einem Ökosystem. Unternehmen, die diese Plattformen anführen, agieren als Lösungsanbieter, koordinieren Logistik, pflegen Kundendaten und entwickeln neue Services wie Predictive Maintenance. Dies führt zu mehr Kundenkontakten und einer flexiblen Erweiterung des Portfolios, was die Position im Markt festigt. Automatisierte Prozesse entlasten Mitarbeiter und schaffen Freiräume für hochwertige Beratung und Service, was ein starkes Differenzierungsmerkmal im preisgetriebenen Markt darstellt.
Fazit: Jetzt handeln für die digitale Zukunft
Die Digitalisierung ist eine fortlaufende Evolution, kein abgeschlossenes Projekt. Wer heute in die eigene digitale Infrastruktur und eine konsistente Datenbasis investiert, reduziert die Abhängigkeit von externen Plattformen und sichert seine Margen. Es gilt, mutig zu sein, Bestehendes zu hinterfragen und Chancen zu ergreifen. Die Zukunft des Teilehandels ist vernetzt, nachhaltig und digital, und nur wer sich jetzt aktiv positioniert, kann langfristig erfolgreich sein.



