Wie Autofahrer Geld mit ihren Fahrzeugdaten verdienen sollen
13. Juli 2020Datenschutzerklärungen beim Autokauf sind inzwischen oft länger als der Vertrag selbst. So ist inzwischen vielen Autofahrern klar, dass ihr Auto viele Daten produziert. Einen Zugriff haben sie darauf aber nicht. Das will ein Startup jetzt ändern. MyAutoData, kurz MAUD, will den Autofahrern ihre Daten zurückgeben. Sie sollen damit sogar Geld verdienen können.
Autos sind heute auf vielen Ebenen vernetzt – mit onlinebasierten Service-Providern, dem Hersteller oder Entertainmentanbietern. Die auf diesem Wege erhobenen Fahrzeugdaten sind kostbar wie nie und werden ausgiebig – etwa für Marketing und Entwicklungszwecke – von den Automobilkonzernen genutzt. Dass ihre Fahrzeugdaten ein echter Goldschatz sind, wissen viele Verbraucher nicht. Diesen gilt es dementsprechend zu schützen: Versicherung, Zulassung, TÜV, Reparatur, Leasing, Kauf oder die Bewegungsdaten – bislang gab es keine Möglichkeit für Verbraucher, diese Daten digital an einem Ort vor einem unbefugten Zugriff durch Dritte sicher aufzubewahren und zu nutzen. Das Start-up MyAutoData aus München hat es sich zum Ziel gemacht, mit dem MAUD Datentresor ebendies zu ändern.
MyAutoData: ein geschlossenes System
MyAutoData funktioniert als geschlossenes Ökosystem: Die Fahrzeughalter können ihre Daten hier selbstbestimmt geschützt verwalten und mit einer Zugriffserlaubnis, die den teilnehmenden Unternehmen erteilt wird, auch Geld verdienen. Oder durch vergünstigte Angebote, etwa von Versicherungen, sparen. MAUD funktioniert außerdem als Fahrtenbuch. Unternehmen können die freigeschalteten Informationen rechtssicher und DSGVO-konform abfragen. Auf dem integrierten Marktplatz erhalten die Nutzer auf Anfrage per Knopfdruck Angebote über Services und Produkte für ihr Fahrzeug. Die Mitgliedschaft ist für Fahrzeughalter und Unternehmen kostenlos.
Die Idee zu MAUD stammt von Manfred Heiss. Heiss, der bereits lange Jahre im Management bei der Softwarefirma Oracle tätig war, bei BMW die Digitalisierung vorantrieb und als Autor für die Stiftung Datenschutz der Bundesregierung schrieb, wollte eigentlich nur für sich selbst einen privaten Datenspeicher aufbauen. Daraus entwickelte sich dann das Projekt MyAutoData. Sein langjähriges Know-how als Software- und Datenspezialist in der Automobilindustrie half Heiss dabei, die Plattform zu entwickeln.
Geld mit den eigenen Daten verdienen
„Die Automobilhersteller und IT-Giganten wie Amazon und Google verdienen viel Geld mit unseren Daten – obwohl diese ihnen gar nicht gehören. Die Erkenntnis, dass eigentlich wir die rechtlichen Eigentümer unserer Daten sind, wird nicht nur durch die DSGVO bestätigt, sondern steigert auch das Bedürfnis nach Selbstbestimmung.“
Manfred Heiss, Gründer MyAutoData
Warum also das Feld den großen Konzernen allein überlassen? Heiss wollte das ändern. Und so wurde die Idee geboren, es diesen einfach nachzumachen. Jedoch besser und sinnvoller für alle Beteiligten. Fahrzeughalter haben bei MyAutoData weltweit die Gelegenheit, ihre Daten sicher und selbstbestimmt zu verwalten und damit Geld zu verdienen. Damit dies funktioniert, können geprüfte Unternehmen auf der Plattform gegen Gebühr Analysen der freigeschalteten Daten durchführen. Die Daten sind dabei weitestgehend anonymisiert und können nicht aus der Plattform extrahiert werden. Der Nutzer entscheidet selbst, welche Daten er freischalten möchte, und kann dies jederzeit rückgängig machen.
Erstklassige Daten für alle
Unternehmen wie zum Beispiel Autohändler, Autoversicherer oder Werkstätten erhalten auf der Plattform direkt von den Eigentümern hochaktuelle, qualitativ erstklassige und rechtssichere Echtzeitdaten, und das herstellerübergreifend sowie fahrt- und fahrzeugbezogen. Ein Vorteil für die Fahrzeugbesitzer: Auf dem MAUD Marketplace fragen sie mit einem Klick Serviceangebote für das eigene Kfz oder Motorrad zum Beispiel von Werkstätten ab – die Nutzer bekommen so nur relevante Angebote und immer das beste Preis-Leistungs-Verhältnis.
Unternehmen können bei MAUD ihre Angebote nur auf konkrete, reale Anfragen hin einstellen oder individualisierte Werbung senden, wenn der Fahrzeughalter dies wünscht. Über den C2B-Marktplatz erhalten sie Leads durch direkte Angebotsanfragen der Fahrzeughalter, generieren neues Umsatz- und Kundenpotenzial und sparen bei Werbekosten und der Kundenakquisition.
Datenschutz inclusive
Darüber hinaus schützt MAUD die Daten seiner Mitglieder bestmöglich vor Cyberangriffen, indem die Daten zerstückelt und auf unterschiedliche Datenbanken verteilt gespeichert werden. Diese wie auch die Server sind zusätzlich noch kryptisch verschlüsselt. Zugriffe auf Daten sind nur innerhalb des Systems durch den jeweiligen Anwender, niemals von anderen Personen oder gar von außen möglich. „Wir verkaufen oder vermarkten weder E-Mail-Adressen noch Daten an Dritte“, so Heiss.
Die Software wurde in einem streng vertraulichen Projekt in Zusammenarbeit mit der datenspezialisierten Softwarefirma Itransition – die schon für Kunden wie eBay oder PayPal Projekte realisierte – umgesetzt. Während der dreijährigen Entwicklungsphase wurde MAUD immer wieder auf Sicherheit und Praxistauglichkeit getestet.
Bei MAUD handelt es sich um ein geschlossenes System. Die MAUD Web-App wurde mit Open-Source-Tools entwickelt und ist mit allen modernen Browsern, Betriebssystemen und Endgeräten kompatibel. Zur einfachen Bereitstellung der Fahrdaten wurde zusätzlich die App MAUD Connect entwickelt. Diese überträgt Daten direkt in den persönlichen Datenspeicher des Fahrzeughalters. Die App funktioniert sowohl mit iOS- als auch mit Android-Geräten.