Ladeinfrastruktur wächst
4. Oktober 2022Die Strategieberatung Roland Berger hat sich mit dem Wachstum der Ladeinfrastruktur beschäftigt. Man geht jedoch davon aus, dass die Zeit bis 2025 entscheidend für die Entwicklung der Ladepunkte sein wird. Danach könnte eine Konsolidierung stattfinden.
Der europäische Markt für Elektrofahrzeuge boomt und sorgt für Wachstum auf dem Markt für Ladestationen. Unternehmen testen derzeit unterschiedliche Geschäftsmodelle, Strategien und Anwendungsbereiche für das Laden zu Hause, unterwegs und am Ziel. Bis dato ist noch kein klarer Favorit erkennbar. In der Studie „EV charging: What will it take to win? Successful business models for a complex market“ prognostizieren Experten von Roland Berger, dass sich bis etwa 2025 vier unterschiedliche Geschäftsmodelle entwickeln werden. In jedem Segment werden sich regional unterschiedlich zwei bis drei große Akteure herausbilden.
Ladeinfrastruktur: Expansion ist angesagt
„Der Markt für Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge ist aktuell besonders dynamisch. Die Zeichen stehen allerorts auf Expansion. Wir gehen jedoch davon aus, dass sich ab 2025 eine Konsolidierung abzeichnet. Das bedeutet, dass die nächsten zwei bis drei Jahre entscheidend für den Erfolg von Ladeinfrastrukturanbietern sein werden. Die erfolgreichen Akteure von morgen nehmen jetzt ihre Chancen wahr, um zu expandieren. Sie investieren in den schnellen und intelligenten Aufbau ihres Ladenetzes und um ihre Präsenz an wichtigen Standorten zu sichern.“
Jan-Philipp Hasenberg, Partner bei Roland Berger
Der Markt für Ladeinfrastruktur ist sehr dynamisch und wird in den kommenden Jahren weiter wachsen. Schon die aktuelle Nachfrage ist groß, obwohl E-Fahrzeuge bislang nicht mehr als 2 Prozent der europäischen Fahrzeugflotte ausmachen. Bis 2030 wird der Marktanteil auf 18 Prozent, bis 2050 sogar auf 95 Prozent steigen. Dabei dürfte der Anteil von Elektrofahrzeugen im Pkw-Sektor in Europa um durchschnittlich 34 Prozent pro Jahr wachsen: von 4,4 Millionen Fahrzeugen im Jahr 2022 auf 45,5 Millionen bis 2030. Damit steigt auch die Auslastung öffentlicher Ladestationen. Bei Schnellladestationen an Flughäfen liegt sie schon heute oft bei mehr als 40 Prozent.
Unterschiedliche Geschäftsmodelle
„Im Markt für Ladeinfrastruktur können wir vereinfacht vier Geschäftsmodelle unterscheiden“, sagt Hasenberg . „Diese lassen sich entlang zweier Dimensionen abbilden: Investitionsintensität oder „CAPEX-Risiko“ (Asset-Light und Asset-Heavy) auf der einen Seite und Ladegeschwindigkeit (normales und schnelles Laden) auf der anderen.“ Asset-Heavy-Anbieter gehen ein höheres Risiko ein, weil sie in die Anlagen investieren und die Gefahr leerer Stationen in Kauf nehmen müssen. Asset-Light-Anbieter gehen ein geringeres Risiko ein: Sie bieten verschiedene Dienstleistungen wie Beschaffung, Standortwahl und Wartung an – sind allerdings gezwungen, Alternativen zu finden, wenn der Ausbau von Ladestationen stagniert. Die Dimension Ladegeschwindigkeit – die zweite Variable – ist standortabhängig: In Privathaushalten oder am Arbeitsplatz werden langsame Systeme genutzt, während unterwegs oder am Ziel Schnell-Ladestationen gefragt sind.
In der Kombination ergeben sich vier Segmente. Mit zunehmender Marktreife werden sich Roland Berger Experten zufolge in jedem Segment regional unterschiedlich zwei bis drei dominante Hauptakteure durchsetzen. Akteure, die im Segment „Asset-Heavy/schnelles Laden“ aktiv sind, profitieren am ehesten von Standorten mit hoher Auslastung wie Autobahnen. Unternehmen im Bereich „Asset-Light/schnelles Laden“ müssen starke kommerzielle Partnerschaften an attraktiven und häufig besuchten Standorten wie Einkaufszentren, Restaurants und Hotels eingehen.
Auch wenn es zahlreiche Optionen gibt – die Akteure, die den Lademarkt für Elektrofahrzeuge dominieren wollen, müssen schnell handeln, die richtigen Strategien anwenden und jetzt expandieren, um bei der bevorstehenden Konsolidierung des Marktes auf der richtigen Seite zu stehen.