Mobilitätsstudie: Deutschland hinkt hinterher
29. Mai 2024Die Beliebtheit des Autos wächst. Fast drei Viertel (72 Prozent) der Deutschen sagen, dass für sie das Auto in Zukunft am besten ihre Anforderungen an Mobilität erfüllen wird. Bei der aktuellen Mobilitätsstudie der HUK-Coburg-Versicherung wurden mehr als 4000 Personen ab 16 Jahren repräsentativ zu Mobilitätskonzepten der Zukunft befragt. Hier bekannten sich sogar fünf Prozent der Befragten mehr zum Auto als im Vorjahr.
Dagegen sind die Bundesbürger insgesamt unzufrieden mit der Verkehrssituation in Deutschland. So geht es aus der Mobilitätsstudie 2024 zum Thema Qualität der Mobilität hierzulande und zukünftige Mobilitätskonzepte hervor. Hier gibt es heftige Kritik am deutschen Verkehrsnetz, das die Mehrheit der Befragten zudem als veritable Wachstumsbremse einschätzen. So antworten 68 Prozent von ihnen auf die Frage, ob der Zustand des Verkehrsnetzes noch zeitgemäß sei, dass dieser nicht dem eines modernen Industrielandes entspreche. Ganze 63 Prozent stufen ihn sogar als Behinderung der wirtschaftlichen Entwicklung dieses Landes ein. Das sollte den verantwortlichen Verkehrspolitikern zu denken geben, kommentieren Experten.
Mobilitätsstudie 2024: das Schienennetz kommt schlecht weg
Die Kritik entzündet sich dabei erstaunlicherweise weniger an maroden Autobahnbrücken, Dauerbaustellen und Straßen voller Schlaglöcher. Vielmehr sorgt das Schienennetz hierzulande für große Frustration, so die HUK. So vertritt mit 57 Prozent mehr als die Hälfte der Bevölkerung die Ansicht, dass eine Verlagerung des Personenverkehrs von der Straße auf die Schiene in Deutschland in der Praxis nicht funktioniert. Dabei würden satte 75 Prozent der repräsentativ ausgewählten Umfrageteilnehmer eine solche Entwicklung befürworten. Dementsprechend sehen mit 35 Prozent auch die meisten Befragten im Schienennetz den wichtigsten Ansatzpunkt für eine Verbesserung der Mobilität in Deutschland. Erst danach folgen mit einigem Abstand das Autostraßennetz mit 18 Prozent, Fahrradwege mit 13 Prozent, das Gehwegenetz mit 5 Prozent und die Wasserstraßen mit drei Prozent im Frustrations-Ranking der Bundesbürger.
Fast zwei Drittel haben ihr Mobilitätsverhalten verändert
Aufgrund der schlechten Rahmenbedingungen haben inzwischen fast zwei Drittel der Umfrageteilnehmer in den zurückliegenden zwölf Monaten ihr Mobilitätsverhalten verändert – etwa indem sie ihre Einkaufsgewohnheiten weiter in den Online-Bereich verschoben. Dafür spricht auch, dass laut der aktuellen HUK-Mobilitätsstudie rund ein Drittel der Bürger hierzulande nach eigenen Angaben mehr im Internet einkauft als zuvor. Ebenso viele Studienteilnehmer, ebenfalls 33 Prozent, fahren inzwischen weniger in die Innenstädte, um Einkäufe zu erledigen. Als Grund für ihre veränderten Verhaltensweisen nennen die Befragten die aktuellen Bedingungen für Ihre persönliche Mobilität, sprich Ihre konkreten Möglichkeiten zur Fortbewegung. Politisch gewollte autofreiere Innenstädte, aber nur unzureichende ÖPNV-Alternativen vermiesen vielen Menschen die Lust, vor Ort einzukaufen.
Ebenso viele Studienteilnehmer, ebenfalls 33 Prozent, fahren inzwischen weniger in die Innenstädte, um Einkäufe zu erledigen. Als Grund für ihre veränderten Verhaltensweisen nennen die Befragten die aktuellen Bedingungen für Ihre persönliche Mobilität, sprich Ihre konkreten Möglichkeiten zur Fortbewegung. Und die sind wegen der allgemein schlechten Rahmenbedingungen der deutschen Verkehrsnetze eingeschränkt.
Knackpunkt ÖPNV
Als Sofortmaßnahme für eine bessere Mobilität fordern vier von zehn Bundesbürgerinnen und -bürgern den Ausbau des Angebots an Bussen, Bahnen und öffentlichem Personennahverkehr im Allgemeinen (41 Prozent) sowie niedrigere Kosten hierfür (40 Prozent). Diese Zahlen entsprechen in etwa auch dem Vorjahresergebnis.
Das Auto behauptet mit 72 Prozent der Nennungen mit weitem Abstand die Pole-Position bei der Frage nach dem Verkehrsmittel der Zukunft. Es werde auch in Zukunft am besten ihre Anforderungen an Mobilität erfüllen, meint die deutliche Mehrheit der Befragten der HUK-Mobilitätsstudie. Die Einschätzung von reinen Elektroautos und Autos mit alternativen Kraftstoffen (wie Wasserstoff und e-Fuels) als Verkehrsmittel der Zukunft hat sich allerdings im Vergleich zum Vorjahr eindeutig verschlechtert. Dabei rutschte das E-Auto von 19 Prozent (2023) auf 15 Prozent ab, Fahrzeuge mit klimafreundlichen Antrieben von 18 Prozent auf 12 Prozent.
„Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass konventionelle Autos mit Verbrennungsmotoren in der Gunst der Deutschen wieder aufgeholt haben. Die Bürger brauchen Klarheit und Konsistenz bei staatlichen Programmen und Strategien. Und sie wollen weniger beziehungsweise keine öffentliche Bevormundung.“
Dr. Jörg Rheinländer, Vorstandsmitglied der HUK-COBURG
Foto: Auto-Medienportal.net/ADAC