Private E-Autos im Autohandel stark rückläufig
20. August 2024Der deutsche Automobilmarkt 2024 zeigt sich zur Jahreshälfte gegenüber dem Vorjahr leicht im Aufwind. Die Neuzulassungen legen zu und erreichten bis einschließlich Juni kumuliert 1,5 Millionen Einheiten. Dabei bleiben Verbrenner erste Wahl. Das gilt für Neuzulassungen und in hohem Maße für die Besitzumschreibungen. BEV fristen ein Schattendasein.
Lediglich 12,5 Prozent aller rund 1,5 Millionen neu zu gelassenen Pkw waren rein batterieelektrisch, den höchsten Anteil vereinten mit 37,4 Prozent die Benziner auf sich, so das Fazit des DAT Barometer im Juli. Die Nachfrage nach rein batteriebetriebenen Elektroautos ist im ersten Halbjahr 2024 also drastisch zurückgegangen. Laut aktuellen Marktanalysen sank der Anteil der Elektroautos an den Neuzulassungen auf den niedrigsten Wert seit 2020. Dieser Einbruch hat bei Branchenexperten und Herstellern gleichermaßen für Unruhe gesorgt.
Entwicklung der BEV- und PHEV-Neuzulassungen zeigt den Einfluss der Prämien
Ein wesentlicher Grund für den Rückgang der Nachfrage liegt in der steigenden Unsicherheit der Verbraucher bezüglich der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Zur Skepsis der Verbraucher trägt die Unsicherheit hinsichtlich der staatlichen Fördermaßnahmen bei. Die Kürzung von Kaufprämien und die unklare Zukunft von steuerlichen Vorteilen haben die Attraktivität von Elektroautos spürbar gemindert. Der Langzeittrend der BEV- und PHEV-Neuzulassungen zeigt, welch großen Einfluss die E-Prämien hatten.
Betrachtet man die BEV- und PHEV Neuzulassungen im Verlauf seit 2022, sind große Schwankungen sichtbar. Als das Abschmelzen der BEV-Prämie und das Ende der PHEV-Förderung zum 1.1.2023 angekündigt wurde, stiegen zum Jahresende 2022 die jeweiligen Stückzahlen rapide an. Mitnahmeeffekte prägten den Markt, was zu einem regelrechten Absturz im Januar 2023 führte. Ende August 2023 wurde die Prämie für gewerbliche BEV-Neuzulassungen beendet, was in einem weiteren Peak im Sommer 2023 mündete.
Große Unterschiede bei gewerblichen und privaten BEV-Neuzulassungen
Seit langem ist der Neuwagenmarkt in Deutschland stark durch gewerbliche Neuzulassungen geprägt und vereinte in den letzten Jahren immer gut zwei Drittel auf sich. Heruntergebrochen auf die BEV-Neuzulassungen war diese Dominanz aber nicht immer gegeben. Düstere Erwartungen für das Gesamtjahr hat man auch beim Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). Die Bestellungen von rein batterieelektrisch betriebenen Fahrzeugen (BEV) seien im ersten Halbjahr 2024 bei Privatkunden um 47 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurückgegangen.
Das ergibt eine Umfrage des ZDK, die vom 14. Juni bis 2. Juli 2024 bei 348 Autohäusern durchgeführt wurde. Für Plug-in-Hybride (PHEV) lag der Rückgang bei minus 37 Prozent. Diesel und Benziner hingegen wurden um plus 24 Prozent stärker nachgefragt. Etwas freundlicher stellt sich die Situation bei den gewerblichen Kunden dar: Hier sind minus 41 Prozent weniger bestellte BEV und ein Drittel weniger Plug-in-Hybride, jedoch plus 20 Prozent mehr bestellte Diesel beziehungsweise Benziner zu verzeichnen.
Hoher Preis und hohe Leasingrate hemmen BEV-Geschäft mit Gewerbekunden
Auf die Frage, worin die Autohäuser die größten Hindernisse sehen, dass BEV und PHEV als Flotten- oder Dienstfahrzeuge eingesetzt werden, antworteten 27 Prozent und damit die Mehrheit der Befragten mit „hoher Anschaffungspreis/hohe Leasingrate“. Für 23 Prozent zählen dazu „unsicherer Wiederverkaufswert/geringer Restwert“ und für 16 Prozent „keine Lademöglichkeit zuhause“. Als weitere Gründe wurden genannt: „zu wenig Schnelllademöglichkeiten“ (13 Prozent), „keine Lademöglichkeit am Arbeitsplatz“ sowie „Vorbehalte der dienstwagenberechtigten Fahrerinnen und Fahrer gegenüber der Batterietechnologie“ (jeweils 9 Prozent). Zu vernachlässigen ist der Punkt „hohe Reparaturkosten und Ersatzteilengpässe“ mit drei Prozent. Bei der Frage nach einer verkaufsfördernden Wirkung der aktuellen Dienstwagenbesteuerung für das Geschäft mit Gewerbe- und Flottenkunden sind die Befragten gespaltener Meinung: 57 Prozent bejahen diese Aussage, 43 Prozent hingegen verneinen sie.
„Die deutlich rückläufige Bestellsituation bei BEV und PHEV im ersten Halbjahr macht deutlich, wie schwierig die Lage in den Autohäusern ist. Und auch die Erwartungen für das Gesamtjahr geben wenig Hoffnung, dass sich daran etwas ändert. Die hohen Preise und Leasingraten werden als ein wichtiges Hemmnis für den Hochlauf der E-Mobilität gesehen, verbunden mit zu erwartenden geringen Restwerten und schwierig zu kalkulierenden Wiederverkaufswerten. Wir erwarten daher von den Herstellern, dass sie durch günstige Preise und niedrige Leasingraten jetzt Marktanreize setzen. Wir brauchen weitere signifikante Fortschritte beim Thema Ladeinfrastruktur. Und wir gehen davon aus, dass Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotoren auch nach 2035 noch zugelassen werden können, wenn sie mit klimaneutral erzeugten E-Fuels betrieben werden. Dieses Signal hat die neu gewählte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen jüngst ausgesandt. Jetzt ist konsequentes politisches Handeln gefordert. Es darf nicht nur den einen Weg hin zur Klimaneutralität im Straßenverkehr geben.“
ZDK-Präsident Arne Joswig
BEV-Neuzulassungen zeigen, wie weit das Ziel der Bundesregierung in die Ferne rückt
Laut DAT Barometer lag der BEV-Bestand zum 1.1.2024 bei rund 1,5 Millionen Einheiten. Allerdings sind von der Bundesregierung bis 2030 insgesamt 15 Millionen geplant. Gespeist wird der BEV-Bestand durch die Neuzulassungen, und diese lagen dem Barometer zufolge im ersten Halbjahr 2024 mit minus 16,4 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum. Übertragen auf die nächsten Monate, wird jetzt schon deutlich, dass 2024 das Vorjahresniveau nicht erreichen wird und damit der BEV-Bestand nur langsam wächst. Interessant in diesem Zusammenhang sei es, dass die PHEV-Neuzulassungen dagegen um 13,3 Prozent gestiegen sind, heißt es dort. Das stellt die Frage auf, ob dies an den stärkeren Motorisierungen lag, die nur als PHEV verfügbar waren, am Steuervorteil bei Dienstwagenfahrern oder an einem allgemein größeren Vertrauen in Hybride.