Christian Koeper: „Es hilft, ein Car Guy zu sein“

Christian Koeper: „Es hilft, ein Car Guy zu sein“

8. April 2020 0 Von Dr. Frauke Hewer

Christian Koeper ist eine feste Größe im automotive Aftermarket. Er hat schon sehr viele Teile bewegt, vor allem über den online-Kanal. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, was ihn besonders bewegt.

amt: Wenn Sie nochmal Ihre berufliche Karriere starten würden, wäre das wieder im Automotivsektor?
Christian Koeper: Mein beruflicher Einstieg ins Thema “Automotive” kam eher durch Zufall. Ich habe Mitte der 90er Jahre meine Diplomarbeit für einen internationalen Automobilzulieferer geschrieben, dessen Geschäftsführer mit meinen Eltern befreundet war. Mich haben damals vor allem China und Brasilien als zukünftige Produktionsländer Produktions- und Absatzländer interessiert. Nach dem Studium war ich allerdings zunächst bei einer großen Bank sowie bei Bertelsmann beschäftigt, bis ich dann bei eBay meine Affinität zum Aftermarket und zu eCommerce-Themen entdeckt habe. Dieser Kombination bin ich mittlerweile seit 20 Jahren in unterschiedlichen Konstellationen treu geblieben.

Der Markt hat sich geändert

Der heutige Automotive-Bereich ist in vielen Punkten ganz anders als vor 20 Jahren. Nicht nur, dass das Thema Mobilität in der Gesellschaft heute grundlegend anders bewertet wird; auch Themen wie die zunehmende Digitalisierung, die Wichtigkeit alternativer Antriebe oder die Entwicklung neuer Spieler wie Tesla sind erst in den letzten Jahren richtig im Markt aufgeschlagen. Und auch im Aftermarket hat sich Einiges getan – von der Teile-Vielfalt über die Formierung neuer Kräfte im Markt bis zum eCommerce. Von daher ist die Branche aus meiner Sicht facettenreicher und dadurch spannender geworden. Spannende Themen haben mich immer interessiert – von daher denke ich, dass ich die Eingangsfrage mit “Ja” beantworten würde.

amt: Was mögen Sie besonders an dieser Branche?
Christian Koeper: Um die Automobilbranche zu mögen und darin tätig zu sein, hilft es, ein “Car Guy” zu sein. Autos haben mich schon immer interessiert. Und dabei nicht nur die Produktion oder der Verkauf von Neuwagen, sondern auch recht früh die Frage, wie man Fahrzeuge über Zeit “am Laufen” hält. Grundsätzlich mag ich, dass die Branche noch immer einen wichtigen Stellenwert in unserer Gesellschaft einnimmt, man aber trotz der langen Traditionen und der zum Teil sehr verkrusteten Strukturen sehr viel darin bewegen und verändern kann. Ich erinnere mich noch gut an meine Zeit bei eBay Anfang der 2000er Jahre.

Christian Koeper: Das Internet hat die Branche verändert

Da hieß es, dass das Internet sicherlich für Konsumgüter-Branchen interessant sein kann, für die Automotive-Branche jedoch eher nicht relevant ist. Dann habe ich live erlebt und ein Stück weit mit gestaltet, wie bei eBay plötzlich Millionen von Ersatzteilen verkauft wurden und aus dem kleinen Berliner Teilehändler kfzteile24 ein eCommerce-Schwergewicht wurde. Oder wie bei mobile.de mehr als 1 Million Gebrauchtwagen angeboten wurden und Hersteller so Ihre Werbe-Etats immer mehr auf das Online-Medium angepasst haben. Diese Veränderungen zu begleiten und die Resultate zu sehen war immer eine große Motivation.
Was ich speziell am Automotive Aftermarket zudem sehr mag ist, dass man vielfach auf sehr bodenständige Leute trifft, ganz gleich ob bei den Herstellern oder im Großhandel. Ich selbst stamme aus NRW, genauer gesagt aus dem Sauerland. Da ist Bodenständigkeit und Verlässlichkeit etwas sehr Wichtiges.

amt: Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für die Automotivbranche und Ihren Arbeitgeber in den nächsten Jahren?
Christian Koeper: Eine sehr große Herausforderung wird sein, dass die Branche mit den sich ändernden Gegebenheiten in der Gesellschaft Schritt halten kann. Im Vergleich zu anderen Branchen habe ich die Automotive-Branche immer als eher wenig innovationsfreudig kennengelernt. Ich spreche hier weniger von der Entwicklung neuer Designs oder Features am Fahrzeug selbst, sondern eher von der Reaktion auf äußere Einflüsse wie zum Beispiel ein sich änderndes Kundenverhalten.

Der Kunde hat mehr Macht

Dadurch, dass der Kunde mittlerweile deutlich mehr “Macht” hat, als es vielen Akteuren lieb ist, entsteht eine sehr hohe Dynamik. Wenn Kunden im Netz Preise vergleichen, kann man entweder lange darüber lamentieren und hoffen, dass das Internet abgeschaltet wird, oder überlegen, wie man diese neuen Gegebenheiten nutzt. Wenn private Kunden das Thema “Besitz” zukünftig anders bewerten kann man das Heil im Export suchen oder im Gewerbekunden. Oder man denkt über Mobilitätskonzepte nach. Hier bin ich gespannt, ob die Branche die neue “Balance of Power” annimmt und darauf entsprechend reagieren kann.
Das bringt mich zu einer weiteren Herausforderung; der Beschaffung von Personal, das die notwendigen Impulse setzen kann. Als ich mein Studium beendet hatte, waren Fahrzeughersteller oder Großbanken das berufliche Traumziel der Absolventen. Heute haben sich die Präferenzen der guten Leute geändert beziehungsweise sind in den Branchen andere, neue “Skillsets” gefragt. Programmierer sind die neuen Fahrzeugtechnik-Ingenieure, Mathematiker die neuen Investmentbanker. Auch haben sich die Anforderungen an den Job vieler Leute geändert. Geld ist nicht mehr alles; weiche Faktoren wie die “Work-Life-Balance” werden immer wichtiger.

Der Markt verändert sich

Die genannten Punkte treffen auch für meinen Arbeitgeber, die SAITOW AG, zu. Auch wir müssen uns den Veränderungen des Marktes – vom Ganzjahresreifen als Produkt über CarSharing als Mobilitätslösung der Endkunden bis zum Ersatzteile-Einkauf per Internet durch die Werkstatt stellen. Dadurch, dass wir bereits seit fast 20 Jahren im Markt aktiv sind, haben sich bestimmte Muster im Denken und Handeln sowie in unserem Produkt eingebrannt. Wir müssen darauf achten, dass sich diese nicht zu fest setzen und sich anpassen lassen.
Auch müssen wir, um gute Mitarbeiter zu finden und zu halten, über Themen wie HomeOffice-Arrangements, Vertrauensarbeitszeit oder “Freizeit versus Firmenwagen” nachdenken beziehungsweise diese einführen. Als Unternehmen mit eCommerce DNA fällt uns das bestimmt leichter als anderen. Trotzdem stellen diese Themen eine stetige Herausforderung dar.

amt: Wie ist die Resonanz auf ihr berufliches Umfeld in Ihrer Familie und bei Ihren Freunden?
Christian Koeper: Meine Familie fand das, was ich mache, schon immer interessant. Meine Eltern sind als Arzt beziehungsweise Lehrerin thematisch recht weit weg von meiner Tätigkeit, war aber immer sehr aufgeschlossen, wenn ich über den automobilen eCommerce berichtet habe. Meine Frau ist großer Auto-Fan und liebt Ihr Golf 1 Cabrio sehr. Dazu hat sie wie meine Schwiegermutter eine hohe Affinität zum Online-Einkauf. Von daher sind meine Themen hier sehr gut abgedeckt. Und mein Schwiegervater, mit dem ich mich am meisten über berufliche Themen austausche, betrachtet die Dinge aus der Perspektive des ehemaligen Treuhand-Managers mit Schwerpunkt KFZ Industrie. Von daher herrschen beste Voraussetzungen in der Familie.
Bei meinen Freunden gab es auch bisher keine Kritik, sondern eher das Gegenteil. Meine beiden besten Freunde sind “beim Daimler” beziehungsweise im Umfeld des Maschinenbau-eBusiness. Hier gibt es selbstverständlich immer viel zu erzählen und rund um die Branche.

Filmbranche wäre interessant

amt: Wenn Sie nicht in der Automotivbranche arbeiten würden, für welche Branche würden Sie sich entscheiden und warum?
Christian Koeper: Könnte ich – unabhängig von meinen Kenntnissen und Erfahrungen – eine Branche aussuchen, so würde mich die Musik- oder Filmbranche reizen. Als Musik- und Filmliebhaber besteht hier schon immer eine hohe Affinität. Und mit Streaming-Diensten wie Spotify oder neuen Geschäftsmodellen wie Netflix hat sich die Branche auch sehr dynamisch entwickelt.
Wäre ich nicht in der Automotive Branche mit Schwerpunkt “Online” bzw. “Aftermarket” tätig und würde ich meine Erfahrungen möglichst sinnvoll einbringen, so wäre ich in jedem Fall in einer Branche tätig, die handwerksnah ist und bei der das Internet noch viel bewegen kann. Zudem würde ich mich eher im AfterSales als in der Produktion bewegen. Bereiche wie den Baustoffhandel oder die Sanitärbranche finde ich hier unter anderem sehr spannend.

amt: Herr Koeper, vielen Dank für das Gespräch!

Hier klicken und Beitrag bewerten