Ulrich Wohlgemuth: „Alles hat seine Zeit und das ist auch gut so“
27. Januar 2021Der Beirat des Autoteile-Einkaufsverband Coparts sprach sich im Juni 2019 einstimmig für die Vertragsverlängerung von Ulrich Wohlgemuth als Geschäftsführer bis Ende 2021 aus. Insgesamt war der Aftermarket-Profi bis dato seit über 18 Jahren als Geschäftsführer in Diensten der Coparts Autoteile GmbH aktiv. Aber alle Zeit findet auch einmal ein Ende. Denn zum Ende dieses Jahres wird er in den Ruhestand gehen und ihm wird in dieser Position Dirk Wittenberg nach einer Einarbeitungszeit folgen. Jürgen Rinn hat mit ihm über seine lange Karriere gesprochen.
Vor seinem Einstieg als CEO bei Coparts Autoteile GmbH im Februar 2003 war er zwei Jahre Sales and Marketing Director Europe bei Delphi und zusätzlich für die deutsche IAM Gesellschaft verantwortlich. Von 1989 bis 2001 leitete er als Sales and Marketing Director Europe IAM bei GKN die Geschicke in diesem Segment, wo er auf eine Beschäftigungsdauer von insgesamt zwölf Jahren zurückblicken kann.
Eine lange Karriere
Davor war er zwei Jahre lang Vertriebsleiter bei Champion Zündkerzen Deutschland GmbH und von 1979 bis 1986 Prokurist bei SGT-Service Geräte Technik. In all dieser Zeit konnte er mit seinem profunden Branchenwissen immer wieder Wegmarken setzten, die zum Erfolg führten. Auch wenn es für seinen endgültigen Ausstieg aus dem aktiven Geschäft noch reichlich Zeit ist, für uns ist das eine ideale Gelegenheit mit Ihm über seine persönliche Beziehung zur Branche, interessanten Phasen aus seinem Berufsleben sowie seinen weiteren Zielen und Vorhaben zu sprechen.
amt: Wenn Sie nochmal Ihre berufliche Karriere starten würden, wäre das wieder im Automotivsektor?
50 Jahre im automotive Geschäft
Ulrich Wohlgemuth: Mein Start in den Automotivsektor vor knapp 50 Jahren begann ja im Bereich Werkstatt Ausrüstung. Erklärungsbedürftige Produkte zu verkaufen fand ich damals spannend. Schon an der ersten Automechanika habe ich teilgenommen. Dann hat mich die Vielfalt in dieser Branche fasziniert, und letztlich bin ich in der Teile Welt gelandet. Das macht mir bis heute Spaß und ja, ich würde wieder diese Branche wählen.
amt: Was mögen Sie besonders an dieser Branche?
Ulrich Wohlgemuth: Das ist ganz klar die Vielfalt der täglichen Herausforderungen und wie sich die Branche in einem unglaublichen Tempo verändert, da wird nie was langweilig.
amt: Wenn Sie so zurückschauen, was waren die spannendsten Phasen und Entwicklungen in Ihrem persönlichen Berufsleben?
Veränderung ist spannend
Ulrich Wohlgemuth: Das waren immer die der Veränderung. Man musste sich immer sehr schnell und deutlich verändern und einer neuen Herausforderung stellen. Von einem mittelständischen Hebebühnen-Hersteller, über eine Handelsvertretung hin zu großen weltweiten tätigen Industriekonzernen… da war alles dabei…Das war insgesamt sehr spannend und herausfordernd, weil sich die beruflichen Anforderungen sehr deutlich unterschieden.
amt: Wenn Sie dieser Branche den Rücken kehren, woran denken Sie besonders gern zurück? Und: was wird Ihnen am meisten fehlen?
Ulrich Wohlgemuth: An die vielen Kollegen, die auch zu einem großen Teil Freunde geworden sind. Dieser vielfältige Meinungsaustausch und etwas gemeinsam zu entwickeln und erfolgreich zu sein, das wird mir sicher fehlen. Und es gab viele Events, die sehr viel Spaß gemacht haben und die man heute aus vielerlei Gründen nicht mehr machen kann. Und das hat nichts mit Corona zu tun! Und dieses zwischenmenschliche wird mir fehlen, ich bin sicher auch vielen anderen.
Handwerk? Ja bitte!
amt: Wenn Sie nicht in der Automotivbranche gearbeitet hätten, für welche Branche hätten Sie sich dann entschieden und warum?
Ulrich Wohlgemuth: Ich hätte mich durchaus gern für etwas Handwerkliches entschieden. Da hätte mich das Arbeiten mit Holz oder auch der Garten und Landschaftsbau sehr interessiert. Das ist auch etwas was ich heute gerne in meiner Freizeit mache. Ich habe eine kleine Werkstatt an unsere Garage angebaut. Da werden keine Autos repariert, da wird immer an etwas „rumgebastelt…“ Gibt halt immer was zu tun.
amt: Wenn Sie nochmal einen Blick auf Ihre lange Zeit im Automotive-Aftermarket zurückwerfen, wie hat sich die Handelslandschaft während seiner Zeit eigentlich so alles in allem verändert?
Ulrich Wohlgemuth: Ich bewerte mal nicht die technischen Herausforderungen, da gibt es ja jedes Jahr etwas Neues, Stichwort Telematik und E Mobilität. Die Handels-Landschaft hat sich ja gerade vor kurzer Zeit vollkommen auf den Kopf gestellt. Da sind ja Unternehmen hin und her verkauft worden, das hätte sich ja nie einer vorstellen können. Handelsriesen sind entstanden, die natürlich auch auf das gesamte Umfeld einwirken.
Vieles bleibt auf der Strecke
Diese Entwicklungen sind für alle Marktteilnehmer natürlich nicht nur von Vorteil. Da bleibt viel auf der Strecke. Ich finde die Veränderungen alles in allem nicht von Vorteil. Meiner Meinung nach muss man alles mit Augenmaß entscheiden, und man muss auch nicht alles machen, was gerade angesagt ist. Ich kenne noch die Handschlag Mentalität. Man konnte sich darauf verlassen. Das ist heute fast vollständig, gottseidank nicht bei allen, verloren gegangen. Nun möchte ich hier nicht in der Vergangenheit schwelgen und die Heulsuse geben, alles hat eben seine Zeit und das ist auch gut so. Aber man sollte immer darauf achten dass man seine Arbeit in einem guten und produktiven Umfeld erledigen kann. Arbeit muss auch Spaß machen.
amt: Und zu guter Letzt, was haben Sie in Zukunft noch so alles vor?
Ulrich Wohlgemuth: Meine Familie kommt ja zum Teil aus Schottland. Ich könnte mir gut vorstellen dort einen großen Teil meiner Zeit zu verbringen. Ich mag zwar die Destillerien, aber noch mehr mag ich die Menschen und die unbeschreiblich schöne Landschaft. Meine Vorhaben in der Zukunft sind ganz klar auf das private ausgerichtet. Gerne auch noch alte Kontakte aus dem Berufsleben pflegen, auch dafür ist Schottland hervorragend geeignet.
Foto: Coparts