Corona macht öffentliche Verkehrsmittel unattraktiv
22. Mai 2020Eine Umfrage hat ergeben, dass viele Autofahrer derzeit ungern auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Ein Anbieter von intelligenten Verkehrslösungen geht davon aus, dass sich nach der Corona-Krise deshalb die Verkehrssituation in den Städten noch verschärfen dürfte. Denn das eigene Auto schützt wirksam vor Kontakten mit anderen.
Lieber Ausweichroute als öffentliche Verkehrsmittel
Gut 80 Prozent der Autofahrer in Deutschland reagieren auf Staus und überlastete Straßen, indem sie Ausweichrouten suchen. Der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel kommt als Alternative nur für knapp jeden Zweiten in Betracht. So das Ergebnis einer Umfrage unmittelbar vor Ausbruch der Corona-Pandemie im März. Nach dem „Neustart“ wird der öffentliche Nahverkehr voraussichtlich noch weniger Zuspruch bekommen – die Staulage dürfte sich sogar verschärfen. Für die Studie „Kapsch TrafficCom Index“ wurden bevölkerungsrepräsentativ 1.000 Bundesbürger von einem Marktforschungsinstitut in Deutschland befragt.
Die Autofahrer reagieren auf überfüllte Straßen, indem sie alternative Routen suchen (88 Prozent), Verkehrsinformationen nutzen (85 Prozent) oder nicht unbedingt notwendige Fahrten wegen drohender Staus einfach ausfallen lassen (85 Prozent). Das Auto stehen lassen und auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen, konnte sich dagegen bisher nur jeder zweite Bundesbürger vorstellen (49 Prozent).
Auto gewinnt an Beliebtheit
„In Ballungszentren müssen wir damit rechnen, dass öffentliche Verkehrsmittel unter dem Eindruck der Corona-Pandemie noch seltener die erste Wahl der Menschen sein werden, um von A nach B zu kommen. Nach ersten Lockerungen sehen wir schon heute, dass das Auto verstärkt genutzt wird. Das Verkehrsmanagement wird schnellstmöglich darauf reagieren müssen.“
Gerd Gröbminger, Vice President Sales bei Kapsch TrafficCom
Immer mehr Autos
Die Überlastung der Straßen ist über die Pandemie hinaus eine langfristige Entwicklung: Wichtiger Treiber sind stark steigende Zulassungszahlen. So ist der Pkw-Bestand in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland auf zuletzt 47 Millionen Fahrzeuge bis Ende 2019 gestiegen – das ist ein Plus von 5,8 Millionen Autos.
„Wir haben bereits technische Antworten, um einen reibungslosen Verkehrsfluss in Zeiten mit sehr großem Verkehrsaufkommen herzustellen“, sagt Gerd Gröbminger. „Das Verkehrsmanagement beruht dabei auf mehreren Säulen: Neben dem effizienteren Auflösen von Störungen geht es beispielsweise darum, die Fahrzeug-Infrastruktur in öffentliche Leitsysteme zu integrieren, Ampeln damit besser adaptiv zu steuern oder Routen kollaborativ auszuwählen.“
So könnten Stauzeiten sinken
Erster Schritt sollte eine verkehrsabhängige Steuerung von Ampeln sein. Wenn diese Technologie konsequent eingesetzt wird, zeigen die Praxiserfahrungen um bis zu 25 Prozent reduzierte Stauzeiten. Die weite Verbreitung von SIM-Karten und GPS macht es darüber hinaus möglich, von den Fahrzeugen Echtzeit-Verkehrsdaten zu erhalten und zu nutzen. Damit wird das Wissen über die tatsächliche Verkehrssituation auf den Straßen signifikant ansteigen. Die Auswirkungen seien vergleichbar mit der erhöhten Vorhersagequalität in der Meteorologie durch die Einführung von Satelliten, erklärt Gröbminger.
Die Navigation verändert sich
Der Austausch vernetzter Fahrzeugdaten macht den Weg für neue Navigationssysteme frei: Derzeit arbeiten alle gängigen Routingsysteme „egoistisch“: Wird Staugefahr erkannt, wird allen Fahrzeugen von der Navigationssoftware dieselbe Ausweichroute vorgeschlagen. Künftig sollten die Routen der Verkehrsteilnehmer von den öffentlichen Verkehrsleitstellen vorgeschlagen werden. Der Grund: Das Wissen der öffentlichen Verwaltung über Baustellen, Events oder besondere Umweltbelastung wird in der neuen Streckenplanung berücksichtigt und über die angeschlossenen Navigationssysteme zum Vorteil der Gemeinschaft angewendet. So lässt sich der Bedarf vorausschauend steuern („Predictive Demand Management“).
Grafik: Kapsch TrafficCom AG