Designschutz macht Reparaturen teuer
14. Februar 2024Autofahren wird immer teurer. Mancher Seufzer wird oft fällig, wenn nach einer Reparatur am Fahrzeug die Rechnung präsentiert wird. Auch die Kfz-Versicherer leiden unter enorm gestiegenen Reparaturkosten. Durch immer teurer werdende Ersatzteile und weiter nach oben gehenden Stundensätze in den Werkstätten verbuchte nach Angaben ihres Dachverbandes GDV die Branche für das Geschäftsjahr 2023 allein wegen gestiegener Preise einen versicherungstechnischen Verlust von knapp drei Milliarden Euro. Ein Preistreiber: der Designschutz.
Nach Angaben des GDV erhöhten die Autohersteller ihre Ersatzteilpreise seit 2013 im Schnitt um mehr als 70 Prozent. Kofferraumklappen und hintere Seitenwände legten demnach im genannten Zeitraum um 93 Prozent, Rückleuchten sogar um 97 Prozent im Preis zu. Als Preistreiber in dem Zusammenhang identifizierte beim aktuellen Goslar Diskurs der Journalist und Publizist Guido Reinking ganz eindeutig die Autohersteller und macht das an ihrem Quasi-Monopol deutlich, das ihnen die Designschutz Richtlinie 98/71/EG der EU einräumt. Danach ist das Design, also die Erscheinungsform beziehungsweise das Aussehen eines Fahrzeugs, geschützt.
Preise für Ersatzteile verdoppeln sich nahezu und der teure Designschutz
In Deutschland wird die EU-Richtlinie durch das Designgesetz in nationales Recht umgesetzt. Infolgedessen dürfen bei der Reparatur eines Unfalls, selbst eines scheinbar geringfügigen Blechschadens nach einem „Parkrempler“, nur teure Original-Ersatzteile verwendet werden, weil der Designschutz alle sichtbaren Karosserieteile wie Kotflügel, Motorhauben, Außenspiegel, Scheinwerfer, Leuchten oder Türen umfasst, also alle karosserieintegrierten Ersatzteile. Und die Preise dieser für eine Reparatur unerlässlichen Teile haben die Autohersteller kontinuierlich erhöht und so die Reparaturkosten in die Höhe getrieben, wie Branchenkenner kritisieren.
Hier verwies Prof. Dr. Stefan Bratzel, Gründer und Direktor des unabhängigen Forschungsinstituts Center of Automotive Management (CAM) darauf, dass moderne Kraftfahrzeuge wesentlich komplexer geworden seien und über immer mehr technische Assistenten verfügten, die etwa das Autofahren sicherer und komfortabler machten. Dies habe aber eben auch zur Folge, dass bei scheinbar geringfügigen Unfallschäden vielfach auch elektronische Bauteile, wie etwa Kameras und Sensoren, beschädigt würden. Dies verteuert diese Teile neben dem bereits zu Buche schlagenden Designschutz.
Auch daher gingen Ersatzteil- bzw. Reparaturkosten teilweise in die Höhe, erläuterte der Experte. Für Dr. Rheinländer von der HUK-COBURG betrifft die Teuerung keineswegs nur moderne Fahrzeuge, sondern auch solche, die bereits vor vielen Jahren in den Markt gebracht worden seien. Aber dass die Autoindustrie nur ungern auf den Profit aus dem Reparatur- und Ersatzteilgeschäft verzichten will, darin waren sich die Experten einig. Die Hersteller machen daher auch keinen Hehl daraus, ihr Ersatzteil- und Werkstattgeschäft ausbauen zu wollen, merkte Branchenkenner Reinking an. All dies läuft in letzter Konsequenz für die Autofahrer auf steigende Kosten hinaus.
Experten raten, Big Data als Kostenbremse zu nutzen
Abhilfe soll hier die Nutzung der Daten sorgen, die von modernen Fahrzeugen registriert werden, so HUK-COBURG-Vorstand Dr. Rheinländer. Daraus werden neue, zusätzliche Services erwachsen, die dem einzelnen Autofahrer zum persönlichen Vorteil gereichen. Die Experten beim diesjährigen Goslar Diskurs sahen den Mobilitätssektor sowie die Autobranche mit ihren angrenzenden Sparten in einem „tiefgreifenden Transformationsprozess“. Als treibende Kraft bei dieser Entwicklung könne sich die Nutzung der „Big Data in der Mobilität“ erweisen.
Internationale Hersteller setzten bereits jetzt vermehrt auf Software, berichtete Dr. Rheinländer, was mehr Zusammenarbeit der verschiedenen Player im Mobilitätsmarkt erfordert statt Konfrontation. Dies müsse die Branche jetzt möglichst schnell lernen, sagte der HUK-COBURG-Vorstand und betonte die Bereitschaft des Versicherers, auf Augenhöhe mit den anderen Shareholdern im Mobilitätsmarkt zu kooperieren. Eine solche Zusammenarbeit sei absolut im Sinne der Verbraucher. Deshalb werde sie auch die Bereitschaft der Kraftfahrer fördern, die von ihren Fahrzeugen generierten Daten über die Verwendung zum persönlichen Vorteil hinaus zur Verfügung zu stellen. Dann könnten Big Data mit dazu beitragen, dass individuelle Mobilität für mehr Menschen erschwinglich bleibt, so die Experten-Meinung.
ProMotor/T.Volz