Direktvertrieb als Zukunft des Autohandels?
17. November 2020Als zentrale Schnittstelle zum Kunden bezeichnet Arthur D. Little Partner Klaus Schmitz branchenübergreifend inzwischen das Internet. Denn der Verkauf von Waren und Dienstleistungen bewegt sich in nahezu jeder Produktkategorie immer stärker weg vom traditionellen, physischen Handel in Richtung Online- und Direktvertrieb. Einige Hersteller bieten bereits erste Produkte und Services im Direktvertrieb an, allerdings in sehr unterschiedlicher Ausprägung. Die markantesten Herausforderungen sind bestehende Händlerverträge sowie rechtliche Hindernisse in einigen Ländern und Regionen. In der Automobilindustrie vertreiben neue Wettbewerber wie Tesla und Elektroauto-Startups ihre Fahrzeuge bereits direkt über digitale Kanäle oder in kleineren Boutiquen. Aber auch etablierte Hersteller wie Hyundai wenden bereits deutlich progressivere Ansätze an, beschreibt man bei Arthur D. Little den Trend im aktuellen Automotive Quarterly.
Die Ära großer und umfassender Händlernetze könnte ihrem Ende entgegen gehen. So ändern sich nicht nur die Ansprüche der Kunden. Große Händlernetzwerke, die früher ein Wettbewerbsvorteil waren, werden vor dem Hintergrund steigenden Kosten- und Margendrucks mehr und mehr zur Belastung. Die traditionellen Hersteller müssen umdenken, haben jedoch Nachholbedarf bei der Nutzung neuer Vertriebswege. Einer davon ist der Direktvertrieb.
Traditionelle Hersteller haben noch Nachholbedarf
Denn sie stehen von verschiedenen Seiten unter Druck und müssen ihr bisheriges, dreistufiges Vertriebsmodell (Headquarter, Wholesale, Retail) überdenken. Große Händlernetzwerke, die früher ein Wettbewerbsvorteil waren, werden vor dem Hintergrund steigenden Kosten- und Margendrucks mehr und mehr zur Belastung, so die Autoren im aktuellen Automotive Quartlery. Neue Wettbewerber hätten demnach keine derartigen etablierten Strukturen und könnten von Beginn an schlanke, fokussierte Vertriebsstrukturen aufbauen. Darüber hinaus haben sich Endkunden an bequemes Online-Shopping von Zuhause gewöhnt und erwarten zunehmend ein ähnliches Erlebnis beim Autokauf. Noch sei die Bereitschaft, einen Autokauf vollständig Online abzuschließen zwar relativ gering, doch für die kommenden Jahre wird ein Anstieg der Zahlen prognostiziert.
Durch das große Produktportfolio der OEMs und innovative neue Besitzformen können sich potentielle neue Geschäftsmodelle entwickeln. Zu den neuen Vertriebsmöglichkeiten gehören beispielsweise Leasing- und Auto-Abos, bei denen Services wie Versicherung und Wartung enthalten sind oder Kunden flexibel in vorgegebenen Zeiträumen das Fahrzeug wechseln können.
Direktvertrieb jetzt auch bei Kia
Der Hersteller startete den Neuwagenverkauf per Direktvertrieb. So finden Kunden auf der Website von Kia Motors Deutschland (www.kia.com/de) unter „Online-Angebote“ eine Auswahl kurzfristig verfügbarer Neufahrzeuge, die geleast oder auch bar bezahlt und per Finanzierung erworben werden können, von zu Hause aus. Dieser Vertriebskanal gewinne stark an Bedeutung, sowohl bei jüngeren Kunden als auch bei allen, die aufgrund der Corona-Pandemie kontaktloses Kaufen bevorzugen, sagt Steffen Cost, Geschäftsführer von Kia Motors Deutschland: „Wir gehen davon aus, dass in drei Jahren rund fünf Prozent des deutschen Kia-Absatzes auf die Online-Angebote entfallen werden.“ Allerdings handele es sich bei den neuen Online-Angeboten aber nicht um einen Direktvertrieb, stellt Cost klar: „Unser Online-Verkauf erfolgt Hand in Hand mit den Kia-Händlern vor Ort, die für unsere Kunden nach wie vor die zentralen Ansprechpartner bleiben.“ Seinen Worten zufolge können die Kunden entscheiden, über welchen Kia-Händler sie das online bestellte Fahrzeug beziehen wollen.
Foto: Auto-Medienportal.Net/Hyundai