Erste-Hilfe-Plan für gebrauchte E-Autos
16. April 2024Der Markt für gebrauchte Elektrofahrzeuge ist im Sturzflug begriffen. Wir berichteten dazu erst kürzlich. Die Ursachen sind vielfältig: Hohe Fahrzeugpreise, Inflation sowie anhaltende E-Auto-Skepsis beim Verbraucher bremsen die Nachfrage. Gebrauchte E-Autos sind keine Wertanlage: die aktuellen Restwerte befinden sich im Abwärtstrend, Zinsen und Kosten klettern. Wachsende Standzeiten verstärken zudem massiv den Druck auf die Renditen der Autohäuser.
Bei Promotor berät man den Automobilhandel in seinem unternehmerisch wichtigen Gebrauchtwagengeschäft nach eigener Aussage, um überzeugende Zusatzgewinne zu ermöglichen. Dort vergleicht im Zuge der Vorgehensweise bei der Beratung mit der eines Mediziners. „Hat ein Patient Beschwerden, sucht er Linderung bei einem Arzt. Analog zu einem Mediziner kurieren auch wir unsere Partner,“ heißt es dort.
Gebrauchte E-Autos stehen zu lang
„Nahezu die Hälfte aller gebrauchten E-Fahrzeuge steht aktuell zwischen 90 und mehr als 150 Tagen auf den Höfen der Händler“, bringt Andreas Serra, Geschäftsführer von Promotor, die E-Gebrauchtwagensituation mit Blick auf den hohen Risikobestand auf den Punkt. Seinen Worten zufolge, könnten Händler gebrauchte E-Autos derzeit sehr schwer verkaufen. Für die DAT Tochter, die seit ihrer Integration in den Kfz-Datendienstleister über umfassende Markt- und Fahrzeugdaten sowie digitales Expertenwissen in der Branche verfügt, habe daher die Erstellung des richtigen Maßnahmenplans für das Gebrauchtwagengeschäft der Kfz-Unternehmen höchste Priorität, um dieses wieder in die Erfolgspur zu führen.
So läuft eine datenbasierte Beratung des Händlers ab
Wie das im Einzelnen funktionieren kann, erklärte der Trainings- und Beratungsspezialist in einer digitalen Pressekonferenz anhand eines Praxisbeispiels aus dem Gebrauchtwagenbereich eines Autohauses. Dabei wurde dargelegt, welche Optimierungspotentiale im Businessbereich Gebrauchtwagen und auch gebrauchte E-Autos durch eine Verkürzung der Standtage und/oder höhere Erlöse beim Fahrzeugverkauf im Vergleich zum Wettbewerb erzielt werden können. „Unsere Analyse QuickCheck zeigte für unser Praxisbeispiel, ein Autohaus an zwei Standorten im Westen Deutschlands mit jährlich 361 verkauften Gebrauchtwagen, Standtagskosten pro verkauftes Fahrzeug von 1.390 Euro auf. Demgegenüber lag das Gros der Wettbewerber in seiner Region mit Standtagskosten zwischen 794 und 995 Euro pro verkauftem Fahrzeug deutlich darunter“, erläutert Nils Weber, Promotor Head of Digital Business Development, die Ergebnisse.
Deutlich besser als der Wettbewerb präsentierte sich der Beispielhändler dagegen in Sachen Fahrzeugerlöse. So erzielte das Autohaus pro verkauftem Fahrzeug einen Mehrerlös von 1.590 Euro. Ziel war es laut Weber, bei gleichbleibenden Mehrerlösen die Standtagskosten des Partners für alle 361 verkauften Gebrauchten um je 440 Euro zu senken. Das von Promotor prognostizierte Optimierungspotential in Höhe von 158.840 Euro konnte sich für das Autohaus sehen lassen. Der Abgleich vor Ort anhand der tatsächlichen Verkaufsliste des Autohauses bestätigte laut Weber trotz marginaler Abweichungen schließlich den möglichen Zusatzgewinn für den Händler. Man konnte dem Händler somit den genannten Zusatzgewinn garantieren und das Autohaus schlug in die anschließende Beratung und Umsetzung ein.
Zuerst erfolgten Maßnahmen mit schnellen Erfolgen
Der Beratungsprozess wurde laut Richard Schneider, Promotor Head of Consulting, zunächst auf rund sechs Monate angesetzt. Nach Sichtung der verschiedenen GW-Themen erfolgte die Herausarbeitung der Schwachstellen. Die weiteren Schritte waren Mitarbeiterinterviews und Stichproben anhand der DMS-Zahlen des Partners. Danach entschied man sich zunächst zur Umsetzung von Maßnahmen, die die schnellsten Erfolge versprachen. Das waren Schneider zufolge eine effizientere Kommunikation zwischen Verkauf und Werkstatt, eine konsequente Durchführung von Ankaufsverträgen direkt beim Neuwagengeschäft, Kfz-Onlineanmeldungen sowie eine durchgängig dokumentierte Bewertung von Gebrauchten beim Ankauf. Weitere Schritte betreffen nun Updates einzelner Prozesse oder auch die Klärung wichtiger Personalfragen.
„Königreiche“ im Autohaus müssen aufgelöst werden
Im Rückblick war die Einschätzung des Autohauses, das Promotor mit der Beratung beauftragt hatte, laut Andreas Serra zwar unspezifisch, aber richtig. Das hätten die Analysen mit ihren festgestellten „Schmerzpunkten“ im Gebrauchtwagenbereich des Autohauses und dem errechneten Optimierungspotential klar bewiesen. „Allein durch die deutlich zu hohe Standzeit 1 des Autohauses ist viel Geld liegen geblieben“, sagt der Promotor Geschäftsführer. Jetzt gelte es die mit dem Autohaus beschlossenen Maßnahmen weiter konsequent umzusetzen. So benötige der Gebrauchtwagenprozess des Autohauses eine neue Struktur mit Schwerpunkt auf dem Zusammenspiel von Werkstatt und Verkauf. Hier sei man mittendrin. „Im nächsten Schritt müssen bestehende ‚Königreiche‘ im Autohaus aufgelöst, ein funktionierendes Gebrauchtwagenteam zusammengestellt sowie klare Verantwortlichkeiten definiert und installiert werden“, betont Serra mit Blick auf den für die weitere Gesundung des Händlers erforderlichen Therapieaufwand. Angesichts der Turbulenzen auf dem Gebrauchtwagenmarkt und des hohen Risikobestands bei BEV ist es sicher eine herausfordernde Aufgabe, das Autohaus möglichst schnell wieder auf Kurs zu bringen.
Foto: ProMotor/T.Volz