Transportunternehmer fürchten Probleme bei der Digitalisierung
28. Juni 2021Zulieferer Continental hat Entwicklungen in der Transportbranche untersucht. Eines der Ergebnisse: deutsche Transportunternehmer fürchten sich davor, bei der Digitalisierung nicht mitzukommen. Außerdem nimmt die Bedeutung des Umweltschutzes bei Transportunternehmen zu.
Die Studie „Der vernetzte Truck“ hat das Sozialforschungsinstitut infas im Auftrag von Continental durchgeführt. Damit nimmt das Unternehmen zum zweiten Mal die Trends und Entwicklungen der Transportbranche in den Blick. Befragt wurden deutsche Spediteure, Logistiker und Transportunternehmen zu Themen wie Digitalisierung, Automatisierung, Fahrzeugtechnologien sowie zu den Rahmenbedingungen der Branche. Ein weiteres Ergebnis: Die befragten Transportunternehmer schätzen neue Akteure im Transportgewerbe als eine zukünftige Herausforderung ein.
Transportunternehmer sehen Handlungsbedarf
Mit Blick auf die Digitalisierung zeichnet sich in den Studienergebnissen ein klares Bild ab: Ein Großteil der befragten Logistiker – und ein nochmals größerer Anteil gegenüber 2016 – gibt an, dass die Digitalisierung die Branche bereits stark verändert habe. Obwohl die Chancen durch die Digitalisierung von einem Teil der Transportunternehmer positiv wahrgenommen werden, überwiegt bei den Befragten jedoch die Sorge, den Anschluss zu verpassen – eine Befürchtung, die sich im direkten Vergleich mit den Ergebnissen der Vorgängerstudie aus 2016 leicht verstärkt hat.
„Die Transportbranche befindet sich inmitten eines großen Transformationsprozesses. Die Akteure beobachten, dass sich die Digitalisierung in den letzten Jahren weiter beschleunigt hat, und sehen nun Handlungsbedarf, um auch zukünftig gut aufgestellt zu sein.“
Gilles Mabire, Leiter des Geschäftsbereichs Commercial Vehicles and Services (CVS) bei Continental
Automatisierung: man bleibt skeptisch
Unverändert kritisch stehen die befragten Logistiker der Automatisierung im Transportgewerbe gegenüber. Zwar lässt sich feststellen, dass die Zahl derjenigen, die dem automatisierten Fahren besonders skeptisch bzw. besonders positiv gegenüberstehen, im Vergleich zu den Studienergebnissen 2016 an beiden Enden der Skala leicht gesunken ist. Dass im automatisierten Fahren Chancen für Branche oder Fahrer liegen, sieht allerdings nach wie vor nur eine kleine Minderheit der Studienteilnehmer. Gute Nachrichten bietet die Studie für die IT- und Telematikdienstleister der Branche: Die Transportunternehmer zeigen sich deutlich zufriedener mit der von ihnen eingesetzten Software. Für Softwarelösungen etwa zur Unterstützung von Fahrern, Disponenten und Fuhrparkmanagern vergeben die Befragten durchweg bessere Noten als noch 2016.
Auch die Fahrzeugvernetzung wird insbesondere für größere Flotten ein immer wichtigeres Zukunftsthema. „Nutzfahrzeuge sind heute die am stärksten vernetzten Fahrzeuge überhaupt. Logistiker suchen nach Lösungen, um die neuen Technologien bestmöglich für sich zu nutzen“, stellt Mabire fest. „Mit entsprechenden Softwarelösungen haben Speditionen und Fuhrparkunternehmen bereits Erfahrungen gemacht und schätzen den Effizienzgewinn. Der unmittelbare Nutzen überwiegt im Vergleich zur entfernten Vision vom autonomen Fahren.“ An der Einstellung in der Branche wird sich nur wenig ändern, solange automatisiertes Fahren nur als abstraktes Konzept diskutiert wird. „Erst, wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen klarer werden und sich in ersten Projekten in abgeschlossenen Bereichen wie Hafenterminals oder in der Hub-to-Hub Logistik zeigt, dass die Automatisierung den Unternehmen einen ganz konkreten Vorteil bringt, wird das automatisierte Fahren Unterstützer gewinnen“, so Mabire.
Es gibt neue Wettbewerber
Wo liegen die größten Herausforderungen für die Branche? Im Vergleich zu den Ergebnissen 2016 stehen unverändert prominent für die befragten Logistiker der steigende Kostendruck sowie der Wettbewerb um gut ausgebildete Fahrer auf den ersten beiden Plätzen der zukünftigen Herausforderungen. Hier erwarten sie fast einstimmig eine weitere Verschärfung der Bedingungen. Doch auch darüber hinaus sehen Transportunternehmer neue Herausforderungen auf die Branche zukommen: Knapp die Hälfte der Befragten fürchtet, dass neue Akteure die Konkurrenzsituation im Transportgewerbe weiter verstärken.
„Große Verlader und Onlinehändler, die zuvor selbst Kunden der Transportunternehmen waren, bauen sich nun eine eigene Logistikinfrastruktur auf. Dadurch gehen den Logistikern nicht nur Bestandskunden verloren, sondern neue Player betreten den Markt“, stellt Mabire fest. In den Studienergebnissen rechnen die Logistiker den neuen Konkurrenten eine größere Bedeutung zu als dem Schiff- oder Schienenverkehr.
Umweltschutz wird immer wichtiger
Deutlich wichtiger geworden ist das Thema Umwelt: Im Vergleich zur Vorbefragung 2016 verzeichnet der Umweltschutz unter den abgefragten Zukunftsherausforderungen den größten Bedeutungsgewinn. „Durch die globale Diskussion um Klimaveränderungen ist das Thema auch in der Logistik-Branche nicht mehr wegzudenken. Das Ergebnis reflektiert zudem die ganz konkreten Maßnahmen der Politik wie etwa die EU-Gesetzgebung zur Reduktion der CO2-Emissionen beim Schwerlastverkehr, die sich auf die Branche auswirken. Die großen Fragen sind, wie stark das Thema zukünftig durch die Politik geregelt wird und wie die Logistiker in Zukunft agieren werden, beispielsweise was Investitionsentscheidungen angeht“, so Mabire. „Wenn die Investitionsbereitschaft der Verlader beim Thema Umweltschutz nicht steigt, muss die Politik auf Anreize setzen, damit das Transportgewerbe seinen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leistet.“
Über die Studie
Zwischen Februar und Mai 2020 befragte das infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft die erste und zweite Führungsebene von kleinen, mittleren und großen Unternehmen aus der deutschen Logistik- und Transportbranche, darunter Spediteure sowie Logistik- und Transportunternehmen. Bedingt durch die Corona-Krise wurde der Studienumfang reduziert. Insgesamt nahmen 45 Unternehmen an der Befragung teil, deren Ergebnisse als Trendanzeige gewertet werden können.