ADAC: Chancen von eCall bleiben ungenutzt

ADAC: Chancen von eCall bleiben ungenutzt

3. Dezember 2019 1 Von Jürgen Rinn

Das als eCall bezeichnete Notruf-System soll dazu beitragen, dass in Notfällen die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes verkürzt wird.  Recherchen des ADAC offenbaren jedoch Defizite mit Blick auf Verbreitung sowie auf die herstellerspezifische Ausgestaltung der Systeme.

Weniger Unfälle möglich

Die flächendeckende Verfügbarkeit des europäischen Notrufs eCall kann nach Berechnungen der EU die medizinische Versorgung von Unfallopfern erheblich verbessern. Den Angaben zufolge soll sich die Zahl der Verkehrstoten europaweit um jährlich 2500 und die Schwere von Unfallfolgen um bis zu 15 Prozent verringern lassen. Für Deutschlands Autofahrer ist es durchaus vorstellbar, dass ihnen bei einem Unfall irgendwo in unbekannten Gefilden geholfen wird, weil ihr Auto selbstständig die Rettungsdienste ruft.

Denn automatische Notrufsysteme können bei schweren Verkehrsunfällen ausschlaggebend dafür sein, dass Rettungskräfte frühzeitig vor Ort sind. So könne eine deutlich schnellere medizinische Versorgung von Unfallopfern sichergestellt werden. Im Zweifel könne man sogar Leben retten. Aus diesem Grund schreibt die EU seit dem 1. April 2018 vor, dass Fahrzeuge, deren Typgenehmigung erteilt wird, mit dem europäischen Notruf eCall ausgestattet sein müssen. Darunter ist ein von einem bordeigenen System ausgehender Notruf an die Notrufnummer 112 zu verstehen.

Echter eCall ist selten

In einer eigenen Recherche des ADAC wird aber verdeutlicht, dass bisher nur die wenigsten Fahrzeuge über den „echten“ eCall an die 112 verfügen. Denn viele Automobil-Hersteller schreiben für neue Fahrzeugmodelle nur die Betriebsgenehmigung von Vorgängermodellen fort, so dass sie nicht zu einer Ausstattung mit dem europäischen Notruf verpflichtet sind. Zusätzlich schwierig wird es aus Sicht des Autofahrerverbandes dadurch, dass die Hersteller allein (oder sogar parallel zum 112-eCall) eigene Notrufe anbieten dürfen. Diese landen dann in Callcentern der Hersteller und werden erst von dort dann an die 112 weitergeleitet. Denn nur die öffentlichen 112-Notrufstellen schicken tatsächlich Krankenwagen los.

Laut ADAC-Untersuchungen können diese herstellerspezifischen Notrufe im Falle eines Unfalls zu erheblichen Verzögerungen sowie zu einer teilweise fehlerhaften Weitergabe wichtiger Informationen führen. Durch den Umweg über Hersteller-Rufzentralen geht wertvolle Zeit verloren, bis die Nachricht über einen Unfall bei der zuständigen 112-Rettungsleitstelle eintrifft, heißt es dort. Und Agenten in Call-Centern machen teilweise Fehler bei wesentlichen Informationen etwa über den Standort eines Unfalls. Während die Notruffunktion von E-Call unumstritten ist, gibt es zudem eine Auseinandersetzung um andere Einsatzmöglichkeiten. Denn die Vernetzung des Autos über Mobilfunk kann auch für zahlreiche andere Zwecke genutzt werden.

Der Fahrer soll seinen Service-Provider wählen

Beim „echten“ eCall wird dagegen europaweit direkt die 112 angewählt und ein einheitlicher knapper Datensatz mit wesentlichen Angaben zuverlässig an die Rettungsleitstelle übermittelt. Deshalb fordert der Autofahrerclub, besser über die Unterschiede zwischen „112 eCall“ und „Hersteller-Notruf“ aufzuklären. Stehen im Fahrzeug „112-eCall“ und „Hersteller-Notruf“ parallel zur Verfügung, sollte der Fahrer das Recht haben, seinen bevorzugten Service-Provider zu wählen. Da viele Verbraucher hier unsicher sind, wäre es empfehlenswert den 112-eCall im Auto defaultmäßig voreinzustellen.

Beim ADAC fordert man, den 112-eCall zeitnah verbindlich für tatsächlich alle Neufahrzeuge vorzuschreiben. Und bei bereits verbautem herstellerspezifischem Notruf müsse die Umstellung auf den echten eCall ermöglicht werden. Um generell eine im Fahrzeugbestand verbaute eCall Technologie über die Lebensdauer der Fahrzeuge nutzen zu können, sei außerdem eine Aufrechterhaltung der 2G/3G Netze erforderlich.

Foto: ADAC

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