Autonome Fahrzeuge: Sicherheitsgefühl gering
7. Mai 2024Als Ergänzung zu Bus und Bahn könnten autonome Fahrzeuge im ÖPNV einen wichtigen Baustein zur Verkehrswende leisten. Bisher jedoch fühlen sich die Menschen noch nicht sicher an Bord eines Fahrzeugs ohne Fahrer.
Kann Künstliche Intelligenz Autofahren sichererer machen? Genau das verlangen die Menschen von KI. So erwarten 60 Prozent der Befragten des „Bosch Tech Compass“, einer repräsentativen Studie in sieben Ländern, sich von KI im Auto mehr Sicherheit. Aber auch geringerer Verbrauch und höhere Reichweite (54 Prozent) oder einfacheres und entspannteres Parken. Wenn es darum geht, was man sich von der KI verspricht, sind die häufigsten Nennungen ein angenehmes Leben, Erleichterung bei der Arbeit und mehr Gesundheit. Und was könnte angenehmer sein, als sich von Künstlicher Intelligenz sicher durch den Verkehr bringen zu lassen?
So ist auch die Vorstellung von Verkehrsplanern und Forschern. Allerdings müssen die Menschen sich sicher und wohlfühlen, auch wenn kein Fahrer und keine Fahrerin an Bord ist. Deshalb ist das Sicherheitsgefühl ein wichtiges Thema in der Forschung rund um die Integration automatisierter Shuttles in den öffentlichen Verkehr, wie die Hochschule Coburg betont. Sie lieferte zu diesem Thema jetzt neue Erkenntnisse aus einer Studie zum Sicherheitsgefühl von Fahrgästen in autonomen Shuttlebussen. Autonome Fahrzeuge sind danach noch nicht gut angesehen.
Hochschule Coburg liefert neue Erkenntnisse für autonome Fahrzeuge
Dazu führte man dort eine Versuchsfahrt mit 25 Personen auf dem Firmengelände eines Automobilzulieferers durch. Der Shuttlebus war vollautomatisiert unterwegs, ohne Begleitpersonal, das gegebenenfalls hätte eingreifen können. Dabei wurden alltägliche Verkehrssituationen nachgestellt, wie etwa eine starke Bremsung an einem Fußgängerüberweg und das Kreuzen eines Scooterfahrers, wie Prof. Dr. Mathias Wilde von der Fakultät Maschinenbau und Automobiltechnik der Hochschule Coburg berichtet. Als zentrales Ergebnis dieser Tests resümierten der Professor für Vernetzte Mobilität und sein Team, dass die Probanden nicht das Gefühl haben wollten, allein gelassen oder der Technik ausgeliefert zu sein.
Zur Verbesserung ihres Sicherheitsgefühls wünschten sich die Testpersonen für eine Fahrt ohne Begleitpersonal zum Beispiel einen Nothalteknopf und eine Fernüberwachung aus der Leitwarte. Für viele Menschen sei eine schnelle und zuverlässige Kommunikation mit einem Menschen wichtig, erläutert Prof. Wilde. Ideal wäre demnach eine Videoübertragung in die Leitstelle, denn „eine solche Lösung würde das Sicherheitsgefühl erhöhen und das Gefühl der Hilflosigkeit verringern“, so der Wissenschaftler. Machen autonome Fahrzeuge also hilflos?
Empfinden der Nutzer sind rein hypothetisch
Die wissenschaftlichen Beiträge zum Sicherheitsgefühl in automatisierten Fahrzeugen seien noch nicht eindeutig, fassen die Forscher der Hochschule Coburg die bisher vorliegenden Studienergebnisse zusammen. Außerdem attestieren sie diesen Untersuchungen meist einen gravierenden Nachteil: Das Empfinden der Nutzer sind rein hypothetisch. Denn sie haben in der Regel noch nie in einem autonomen Fahrzeug gesessen. In diesem Punkt unterscheidet sich die neue Studie der Hochschule Coburg von den bisherigen Untersuchungen: Wie sicher sich die Passagiere fühlen, wurde in Oberfranken anhand einer tatsächlichen Fahrt mit einem autonomen Shuttlebus ermittelt.
Nicht nur die technischen Hürden auf dem Weg zum Roboter-Auto sind hoch
Die Befürworter von automatisiertem Fahren heben als dessen Vorteile hervor, dass dadurch Unfälle und damit verbundene Todesfälle im Straßenverkehr reduziert sowie der CO2-Fußabdruck verringert würden. Doch dringen sie mit dieser Botschaft auch zu den künftigen Passagieren autonomer Fahrzeuge durch? Bislang offenbar nur teilweise, wie die Studie der International Psychoanalytic University (IPU) Berlin nahelegt. Denn darin gaben 41 Prozent der Befragten an, bei der Nutzung eines automatisierten Fahrzeugs Angstsymptome zu erwarten, wie Prof. Gunther Meinlschmidt von der Internationalen Psychoanalytischen Universität Berlin mitteilte. Weitere 15 Prozent rechnen demnach mit einer unterschwelligen sogenannten Automatophobie und drei Prozent mit einer voll ausgeprägten Automatophobie.
So bezeichnen die Wissenschaftler die Angst gegenüber automatisiertem Fahren. Ausgehend von den Ergebnissen der Studie soll sich diese Automatophobie von anderen spezifischen Phobien und sonstigen Ängsten im Kontext Autofahren unterscheiden, erklärt Prof. Meinlschmidt. Auch der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VHV) als Branchenverbund des Öffentlichen Verkehrs propagiert das autonome Fahren als Chance für neue öffentliche Mobilität zu nutzen. Smart Mobility und autonomes Fahren böten neue Chancen für die öffentliche Mobilität, betont man dort. Daher gebe es deutschlandweit bereits eine Vielzahl von Erprobungsprojekten mit automatisierten Fahrzeugen im Realeinsatz. Dabei sollte das Sicherheitsgefühl der Nutzer neben der Technik auch eine wesentliche Rolle spielen, so die Experten.
Foto: Autoren-Union Mobilität/Bosch