Dienen Mobilitätsdaten dem Allgemeinwohl?

Dienen Mobilitätsdaten dem Allgemeinwohl?

4. Oktober 2023 0 Von Jürgen Rinn

Wer am Verkehr teilnimmt, produziert Daten. Wie schnell ist ein Auto? Wieviel Fahrzeuge stehen vor der Ampel? Staut es sich gerade? Diese Mobilitätsdaten können genutzt werden, um den Verkehr vernetzter und nachhaltiger zu gestalten, wenn die Nutzung verbraucherfreundlich geregelt ist. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert daher ein Mobilitätsdatengesetz, das die Nutzung von Mobilitätsdaten über alle Verkehrsträger und Anwendungsfälle hinweg regelt. Doch die kürzlich vorgelegten Eckpunkte der Bundesregierung sind aus Sicht des vzbv zu wenig ambitioniert, um dieses Ziel zu erreichen.

Der Koalitionsvertrag fordert ein Mobilitätsdatengesetz, das freie Zugänglichkeit von Verkehrsdaten sicherstellt. Für eine nahtlose Mobilität sollen Verkehrsunternehmen und Mobilitätsanbieter ihre Echtzeitdaten unter fairen Bedingungen bereitstellen. Das Mobilitätsdatengesetz soll dazu beitragen, dass mehr und bessere Reise- und Verkehrs-Infrastrukturdaten zu fairen Bedingungen bereitgestellt und wiederverwendet werden, so das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV).

Echtzeitdaten zu fairen Bedingungen bereitstellen

Die Bundesregierung will Verkehrsunternehmen und Mobilitätsanbieter dazu verpflichten, „Echtzeitdaten zu fairen Bedingungen bereitzustellen“. So heißt es in dem Eckpunktepapier zu einem Mobilitätsdatengesetz, das sich die Ampel auf die To-do-Liste ihres Koalitionsvertrags geschrieben hat. Dieses soll dazu beitragen, dass mehr und bessere Reise- und Verkehrs-Infrastrukturdaten „zu fairen Bedingungen“ bereitgestellt und wiederverwendet werden, wie das federführende Bundesverkehrsministerium (BMDV) erläutert.

Das neue Gesetz betrifft demnach Daten, die genutzt werden können, um nahtlose, multimodale Mobilität zu ermöglichen. Konkret sind damit Informationen gemeint, die „für die Berechnung von Routenalternativen und zur tatsächlichen Navigation“ verwendet werden können. Dabei geht es um statische und dynamische Daten, wie die Fahrpläne des öffentlichen Verkehrs, Verspätungsmeldungen, die Echtzeit-Verfügbarkeit von Taxis und Mietwagen oder Sharing-Fahrzeugen. Dazu kommen Angaben zum Zustand des Straßennetzes, einschließlich Meldungen über Baustellen, zur Verkehrssituation oder zur Verfügbarkeit von Parkplätzen.

Im Mobilitätsdatengesetz sollen fahrzeugeigene Daten ausgeschlossen sein

Nach Angaben der Bundesregierung betrifft das Mobilitätsdatengesetz keine fahrzeugeigenen Daten. Das Gesetz soll die Planung und Steuerung des Verkehrs verbessern. Fahrzeugdaten werden nur einbezogen, wenn sie zur Erreichung dieses Ziels beitragen, zum Beispiel bei Informationen über das Wetter und den Verkehr. Regelungen zum Zugriff auf Fahrzeugdaten, die für den Wettbewerb und den Markt relevant sind, sind nicht Teil des Mobilitätsdatengesetzes. Es geht also nur um Daten zur Mobilität und Verkehrsinfrastruktur.

Forderung: Zugang zu Fahrzeugdaten im Mobilitätsdatengesetz regeln

Auch die EU-Kommission hat das Problem erkannt, bislang aber keine Regelung zur Überwindung des Datenmonopols verabschiedet. Die EU-Kommission plane zwar seit mehreren Jahren, den Zugang für Daten aus vernetzten Kfz im Interesse einer fairen Wettbewerbssituation auch anderen Dienstleistern zu eröffnen. Doch trotz jahrelanger Bemühungen sei eine legislative Regelung auf EU-Ebene noch nicht erreicht. Vor diesem Hintergrund hält der GDV ein nationales Mobilitätsdatengesetz, welches auch (unter anderem personenbezogene) Daten aus vernetzten Fahrzeugen mitberücksichtigt, für sinnvoll.
„Die Kontrolle über den Datenfluss aus vernetzten Fahrzeugen haben derzeit weder die Fahrerinnen und Fahrer noch die Eigentümerinnen und Eigentümer der Fahrzeuge“, kritisiert die Versicherungswirtschaft, „sondern einzig und allein die Hersteller“. Mit einem modernen Mobilitätsdatengesetz und einer flankierenden europäischen Regelung sollte einerseits der Zugang zu Infrastrukturdaten, aber auch der Zugang zu personenbezogenen Daten aus vernetzten Fahrzeugen für den Sekundär- bzw. Verbrauchermarkt (Aftermarket) sichergestellt werden, fordert die Branche.

Bitkom begrüßt die Einführung eines Mobilitätsdatengesetzes

Auch der Dachverband der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche (Bitkom) begrüßt die Einführung eines Mobilitätsdatengesetzes als „echten Fortschritt für die Vernetzung und Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland“. Die geplante Bündelung von nationalen und EU-Vorgaben könne grundsätzlich ein günstiges Marktumfeld für innovative und nachhaltige Verkehrsformen schaffen, erklärt der Verband.

Auch die Etablierung von Standards für Datenschnittstellen und -formate sowie die Schaffung eines Datenkoordinators für Mobilitätsdaten können aus Sicht von Bitkom den vereinfachten Zugang zu Daten fördern und einen echten Fortschritt für die Entwicklung und Integration innovativer Mobilitätsdienstleistungen bedeuten. Jedoch äußert Bitkom Bedenken insbesondere in Bezug auf die Bereitstellung dynamischer Daten, den Zugang zu offenen (geschäftssensiblen) Daten ohne Registrierung und den Zeitplan der Gesetzesinitiative.

Darüber hinaus sollte der Grundsatz gelten, dass für die Bereitstellung der Daten und der Bereitstellungsinfrastruktur ein angemessenes Entgelt zu zahlen ist, fordert der Branchenverband. Die Preisgestaltung dabei soll „stets fair, transparent und verhältnismäßig“ sein.

Foto: GOSLAR INSTITUT

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