Der Güterverkehr von morgen: Klimafreundlich, vernetzt und sicher

Der Güterverkehr von morgen: Klimafreundlich, vernetzt und sicher

9. November 2023 0 Von Jürgen Rinn

Die Transformation der Transportbranche ist auf allen Ebenen in vollem Gang. Die Langfristverkehrsprognose des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr für Deutschland oder „Transport Outlook“ des International Transport Forum mit weltweitem Fokus sind nur zwei Beispiele dafür. Der Güterverkehr auf der Straße wird bis zum Jahr 2050 noch einmal deutlich zunehmen. Das bedeutet zahlreiche Herausforderungen für die Nutzfahrzeughersteller und ihre Zulieferer, für die gesamte Transport- und Logistikbranche sowie für Politik und Wissenschaft. Und alles unter dem Gesichtspunkt auf Effizienz und Umweltverträglichkeit sowie Verkehrssicherheit. Beim 5. DEKRA Zukunftskongress Nutzfahrzeuge in Berlin diskutierten rund 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zwei Tage lang über den sicheren, effizienten und nachhaltigen Güterverkehr von morgen und übermorgen.

Politik und Wirtschaft müssen sich verstärkt austauschen

Einen zentralen Schwerpunkt beim Kongress bildete die Frage, mit welchen Anforderungen an Transport- und Logistikunternehmen der Umstieg auf alternative Antriebe verbunden ist. In diesem Kontext erinnerte Hartmut Höppner, Staatssekretär im Bundesministerium für Digitales und Verkehr, in seiner Keynote an das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung. Danach müssen die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 sinken. Für das Jahr 2040 gilt ein Minderungsziel von mindestens 88 Prozent, die Klimaneutralität soll Deutschland bis 2045 erreichen. „Die Transformation kann nur im gemeinsamen Schulterschluss von Politik und Wirtschaft gelingen“, so Höppner. Gleichzeitig biete der Umstieg auf klimafreundliche Lösungen auch Chancen für die Transportbranche und sei mit Wettbewerbsvorteilen verbunden. Wichtig sei, den Wandel jetzt aktiv zu gestalten. „Nichts zu tun, löst keine Probleme“, gab der Staatssekretär zu bedenken.

Bis zur Klimaneutralität ist noch ein weiter Weg beim Güterverkeher

Dass es bis zur Klimaneutralität noch ein weiter Weg ist, zeigte Martin Schmied, Leiter des Fachbereichs Umweltplanung und Nachhaltigkeitsstrategien im Umweltbundesamt, auf. Vor allem verwies er dabei auch darauf, dass mit den derzeit durch die Politik beschlossenen Klimaschutzmaßnahmen im Bereich der alternativen Antriebe im Straßengüterverkehr wie Fahrzeugförderung, Infrastrukturaufbau und Regulatorik in Form etwa der CO2-Maut die erklärten Emissionsziele nicht zu erreichen sind. „Laut Projektionsbericht der Bundesregierung ist allein schon für das Jahr 2030 von einer Lücke von 28 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten auszugehen“, führte Schmied aus. Klimaschutz sei mehr denn je eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Ziele könnten nur mit einer Kombination von Energiewende und Verkehrswende erreicht werden.

Der Umwelt- und Verkehrsexperte gab erste Einblicke in eine noch unveröffentlichte Studie seines Hauses, in der die Umweltbilanz alternativer Antriebe mit derjenigen von konventionellen Kraftstoffen verglichen wird. Ein Ergebnis: „Die E-Mobilität besitzt auch bei Lkw schon heute einen deutlichen Klimavorteil gegenüber Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren, der zukünftig noch steigen wird.“

Technologieoffenheit ohne Grabenkämpfe

Thomas Fabian, Nutzfahrzeug-Direktor des europäischen Fahrzeugherstellerverbands ACEA, stellte seinerseits klar: „Die Hersteller haben ihre Hausaufgaben gemacht, die für den Umstieg notwendigen Fahrzeuge stehen bereit.“ Die Politik müsse sich jetzt auf die Dekarbonisierung konzentrieren, anstatt Gefahr zu laufen, den Fokus hierauf durch neue regulatorische Vorschriften wie die Abgasnorm Euro 7 zu verlieren. Dringend notwendig sei zudem ein deutlich schnellerer Aufbau einer flächendeckenden europaweiten Ladeinfrastruktur. Damit sprach er den anwesenden Vertretern namhafter Fahrzeughersteller aus dem Herzen – darunter auch Joachim Schlereth, Leiter Vertrieb und Services Lkw Mercedes-Benz und Fuso Deutschland, der den batterieelektrischen Fernverkehrs-Lkw eActros 600 von Mercedes-Benz Trucks vorstellte.

Für Frank Huster, Hauptgeschäftsführer beim DSLV Bundesverband Spedition und Logistik, ist die E-Mobilität im Güterverkehr auf der Straße zwar angekommen. Am Ende müssten sich die Fahrzeuganschaffungen aber für den Unternehmer über die Gesamtbetriebsdauer rechnen. Vorhersagen über die Entwicklung der Strompreise seien unmöglich.

Batterieelektrische Lösungen, so wurde hier deutlich, sind freilich nur eine von zahlreichen Varianten auf dem Weg hin zur Dekarbonisierung. Denn neben der Frage des Antriebs ging man auf die Herausforderungen und Chancen ein, die sich für Zulieferer aus der Elektrifizierung, Automatisierung und Digitalisierung der Nutzfahrzeuge für das eigene Produkt-Portfolio ergeben. So erläuterte Dr. Huba Németh, Director Advanced Engineering bei der Knorr-Bremse Systeme für Nutzfahrzeuge GmbH, den modularen Ansatz des Unternehmens in Sachen sogenannter Fail-Operational- und sicherheitskritischer Systeme beim vollautomatisierten Fahren.

Ausgiebige Prüfung automatisierter Systeme ist erforderlich

Auch die Sicherheit von Nutzfahrzeugen war ein Thema. „Die Fahrzeugentwicklung hat hier in den vergangenen Jahrzehnten große Fortschritte gemacht“, unterstrich DEKRA Geschäftsführer Jann Fehlauer. Fahrerassistenzsysteme wie zum Beispiel der Spurhalteassistent oder der Notbremsassistent könnten Menschenleben retten. Entscheidend komme es darauf an, dass sie in der Flotte möglichst weit verbreitet sind. Zudem müsse man technisch Mögliche ausschöpfen, um nicht manipuliert werden zu können, so dass sie dauerhaft funktionieren. Vor der Zulassung und der Serienfertigung gelte es daher, die Systeme ausgiebig auf Herz und Nieren zu prüfen und zu evaluieren. Und genau das geschehe unter anderem im DEKRA Technology Center im brandenburgischen Klettwitz, so Uwe Burckhardt, Leiter Test und Event am DEKRA Lausitzring.

Mehrwerte durch intelligente Telematik

Außerdem standen die Entwicklungen in Sachen Digitalisierung und Letzte Meile in der Diskussion. Im Mittelpunkt waren dabei Fragen wie zum Beispiel: Welche neuen Dienste erhöhen die Effizienz von Tachographen? Wie kann Künstliche Intelligenz die Tourenplanung in Nutzfahrzeugflotten optimieren? Wie lässt sich die Ladungssicherung durch die Digitalisierung einzelner Prozesse verbessern? Wie ist es um die Tank- und Ladeinfrastruktur für die Letzte Meile bestellt? Nicht zuletzt war in Berlin auch das Thema Cyber Security omnipräsent. Denn die angestrebte Effizienzsteigerung wird sich nur dann wirklich realisieren lassen, wenn die Daten sicher und vor Angriffen geschützt unterwegs sind. Auch in diesem Punkt zeigte der Zukunftskongress vielversprechende Lösungen auf.

Foto: Scania

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