Florian Pinger von auteon: „Wir wollen so viele Werkstätten wie möglich“

Florian Pinger von auteon: „Wir wollen so viele Werkstätten wie möglich“

16. September 2020 0 Von Dr. Frauke Hewer

Seit Juli 2020 ist die Ersatzteil-Plattform auteon am Start. Mit ihr sollen Werkstätten ganz einfach Preise vergleichen können. Dabei ist es möglich, die Stammhändler zu integrieren. Wir haben mit dem Geschäftsführer Florian Pinger gesprochen.

amt: Zunächst eine Frage zu Ihrer Person: Sie sind ja bisher nicht so stark in der Ersatzteilbranche verwurzelt. Wie kamen Sie darauf, ein solches Portal zu starten?

Florian Pinger: Unser Team bei auteon hat einen starken Background im Automotive-Bereich. Durch unsere vorherigen Tätigkeiten in dieser Branche haben wir erkannt, dass der Markt für Kfz-Teile eine große Intransparenz aufweist. Wir haben festgestellt, dass freie Werkstätten vor einer großen Herausforderung stehen: Die Identifizierung und der Vergleich von Ersatzteilen sind zeitintensiv, undurchsichtig und teilweise kompliziert. Hier setzen wir mit unserer Lösung an und schaffen Abhilfe. auteon ist eine digitale Vergleichsplattform, die es den freien Werkstätten ermöglicht, einen transparenten Überblick über die eigenen Lieferanten und deren Produktsortiment zu erlangen, sodass Werkstätten eine fundierte Einkaufsentscheidung treffen können.

auteon: Transparenz ist Trumpf

Die freien Werkstätten können das von ihnen benötigte Ersatzteil identifizieren und die Preise sowie Verfügbarkeit über der für die Werkstätten relevanten Teilegroßhändler und Anbieter hinweg, transparent, unkompliziert und auf einen Blick miteinander vergleichen.

amt: Sie sind ja im Juli mit Ihrer neuen Plattform auteon gestartet. Können Sie uns schon sagen, wie viele Werkstätten mitmachen?

Florian Pinger: auteon wurde in der Beta-Phase von 500 freien Werkstätten getestet. Mit dem offiziellen Launch im Juli verzeichneten wir schlagartig eine große Zahl von Neuanmeldungen. Das hat uns überzeugt, dass wir mit unserer Plattform einen Nerv getroffen haben. Aktuell verzeichnen wir über 700 Werkstätten. Jede Woche kommen weitere hinzu, das freut uns sehr.

amt: Wissen Sie, welche Art von Werkstätten bevorzugt mitmacht, freie oder herstellergebundene?

Florian Pinger: Unser Angebot richtet sich primär an freie Werkstätten, da diese oft eine stärkere Herausforderung bei der Identifikation von Teilen über mehrere Marken auf der einen und bei dem Vergleich über mehrere Händler auf der anderen Seite haben. Allerdings haben wir festgestellt, dass auch herstellergebundene Werkstätten Potential in auteon sehen, da auch sie bei älteren Fahrzeugen auf Ident-Teile zurückgreifen.

Der Renner: Ersatzteile, die nicht durchgängig verfügbar sind

amt: Können Sie schon etwas über die bevorzugten Warengruppen sagen, die nachgefragt werden?

Florian Pinger: Wir stellen fest, dass die Werkstätten insbesondere bei Artikeln mit höheren Grundpreisen oder bei nicht durchgängig verfügbaren Artikeln zum Vergleich greifen. Wir konzentrieren uns aktuell auf klassische Ersatzteile, haben also auch dort den Suchfokus der Werkstätten, weniger bei Reifen, C-Teilen, Glas oder Karosserie. Schrittweise wollen wir um diese Segmente aber erweitern und befinden uns in Gesprächen mit entsprechenden Lieferanten.

amt: Kommen wir zur anderen Seite, der Händlerschaft: dürfen wir erfahren, welche Teilehändler schon bei Ihnen an Bord sind? Wie ist die Resonanz insgesamt? Gibt es Vorbehalte?

Florian Pinger: Wir möchten den Markt für Kfz-Ersatzteile nicht auf den Kopf stellen. auteon ist unvoreingenommen und bietet einen anbieter-neutralen Blick auf den Markt. Wir binden diejenigen Händler und Portale an, bei denen die Werkstatt schon jetzt Ersatzteile bezieht und jede Woche kommen neue Angebote dazu, die sich an dem Bedarf der bereits registrierten Werkstätten orientieren. Unser Ziel ist es, bis Jahresende rund 50 Lieferanten bei auteon einzubinden, darunter alle wichtigen Teilegroßhändler, offenen Portale und OE-Teilelieferanten. Da auteon auch einen Händler-Mehrwert bietet, erhalten wir meist positive und kooperative Rückmeldungen. Händler können beispielsweise ihre Liefergeschwindigkeit, Schulungen, Retourenabwicklung, Finanzierung oder Liefertreue auf der Plattform deutlich hervorheben und die Kundenbindung fördern.

auteon bildet bestehende Geschäftsbeziehungen ab

auteon fungiert dabei nicht als klassischer Marktplatz: Wir setzen mit unserer Software auf den Zugängen der Werkstatt auf und bilden lediglich die ohnehin vorhandenen Geschäftsbeziehungen ab. Wir arbeiten mit jedem interessierten Lieferanten gerne zusammen, der Vergleichsprozess direkt auf dem Werkstatt-Rechner kann aber auch ohne tiefere Integration stattfinden. Das macht auteon besonders: Es werden mir als Werkstatt nicht irgendwelche, sondern meine eigenen Händler angezeigt.

amt: Beabsichtigen Sie auch, Händler von Original-Teilen zuzulassen?

Florian Pinger: Um den Werkstätten einen Überblick über den Gesamtmarkt bieten zu können, listen wir auch Originalteile-Händler. Wir arbeiten mit jedem Hersteller zusammen, der das möchte und konzentrieren uns zunächst auf die Erschließung Werkstatt relevanter Händler. Dadurch erschließen wir den Gesamtmarkt Schritt für Schritt. Bis Ende des Jahres wollen wir in Deutschland knapp 3.000 Werkstätten angeschlossen und deren Händler vollständig integriert haben. Dafür sind wir im stetigen Austausch mit allen relevanten Marktteilnehmern.

Mit Portal Nerv getroffen

amt: Bisher ist ein Konto bei auteon ja kostenlos. Im kommenden Jahr wird es pro Monat 39 Euro kosten. Rechnen Sie damit, dass Sie dann viele Karteileichen haben werden?

Florian Pinger: Die Beta-Phase hat gezeigt, dass in den meisten Fällen der Preis der Plattform nicht das alleinige Entscheidungskriterium zur Nutzung oder Nicht-Nutzung ist. Unsere Beta-Phase hat gezeigt, dass wir mit unserer Anwendung einen Nerv treffen und selbst in einer frühen Entwicklungsphase der Anwendung eine deutliche Zeitersparnis messbar war, denn der Vergleich von Teilen erfolgt bei uns in einem Bruchteil der bisher benötigten Zeit.

Das wissen die Werkstätten zu schätzen. Außerdem bieten wir weitere für die Werkstätten wichtige Mehrwerte: Von der Teileidentifikation über den Vergleich bis hin zur Bestellung erfolgt alles in einem System. Auf einen Blick sieht die Werkstatt, was das Teil beim jeweiligen Anbieter kostet und wann es geliefert wird. Das minimiert auch die Fehlerquote. Zudem klassifizieren wir die Produktqualitäten nach Original-, Ident- oder Nachbauteil oder ob es sich um ein wiederaufgearbeitetes oder gebrauchtes Teil handelt. So können Werkstätten auch zeitwertgerechte Reparaturen anbieten. Aus dem Feedback der Werkstätten haben wir 39 € als untersten Preis ermittelt, den Werkstätten von sich aus bereit wären zu zahlen – insofern rechnen wir mit einer hohen Aktivierungsquote.

So viele Werkstätten wie möglich

amt: Was haben wir von Ihnen in den kommenden Jahren zu erwarten? Wie ist Ihre Vision für die Zukunft?

Florian Pinger: Aktuell erschließen wir den deutschen Markt und wollen so viele Werkstätten wie möglich für unsere Plattform gewinnen. Parallel dazu arbeiten wir kontinuierlich daran, unsere eigene Software zu perfektionieren. Hierfür arbeiten wir eng mit den Werkstätten zusammen. So ist beispielsweise vorgesehen, Reparatur- und Wartungspläne zur Verfügung zu stellen und den Nutzern die Möglichkeit zu bieten, sich innerhalb der Community über Ersatzteile austauschen zu können. Zudem haben wir auch erkannt, dass viele andere europäische Länder vor dem selben Problem der Intransparenz auf dem Kfz-Ersatzteilemarkt stehen und möchten auch dort aktiv werden. Oberstes Ziel ist es, dass in etwa fünf Jahren zehn Prozent aller freien Werkstätten in Europa auteon nutzen, das wäre ein riesiger Erfolg für alle Marktteilnehmer.

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