Ist das die Tankstelle der Zukunft?

Ist das die Tankstelle der Zukunft?

24. November 2020 0 Von Dr. Frauke Hewer

In Zeiten der Elektromobilität sieht das Tanken ganz anders aus als das, was wir heute kennen. Die Aral AG ist davon überzeugt, dass im Jahr 2040 konventionelle und alternative Kraftstoffe eine Rolle spielen werden. Dazu sollen autonome Flotten, ein Landeplatz für Lufttaxis und Akkuwechselstationen für E-Bikes und E-Scooter kommen. Ist das die Tankstelle der Zukunft oder ein Luftschloss? Aral hat dazu eine Studie mit dem Titel „Tankstelle der Zukunft“ erstellt.

In der umfassenden Studie haben Aral und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) untersucht, wie sich Fahrleistung, Fahrzeugflotten und deren Antriebsarten sowie das Mobilitätsverhalten in Deutschland bis 2040 verändern und welche Rolle Tankstellen dabei in Zukunft spielen werden. Insgesamt vier Raumtypen haben die Fachleute unter die Lupe genommen: die Großstadt, den ländlichen Raum, den städtisch geprägten Kreis und die Autobahn.

Noch mehr Kilometer

Insgesamt prognostiziert das DLR, dass die Deutschen 2040 mit Pkw und Nutzfahrzeugen etwa 900 Milliarden Kilometer jährlich zurücklegen – rund ein Viertel mehr als noch im Jahr 2010. „In zwanzig Jahren werden wir bis ins hohe Alter mobil sein. Außerdem tragen neue Mobilitätsangebote und der wachsende Online-Handel zur zunehmenden Fahrleistung bei“, erläuterte Prof. Dr. Barbara Lenz, Leiterin des Instituts für Verkehrsforschung DLR. Trotz sinkender Bevölkerungszahl wächst deshalb das Verkehrsaufkommen in allen untersuchten Raumtypen.

Berufsbedingte Fahrten von Taxiunternehmen, Handwerkern oder Pflegediensten nehmen in Deutschland um jeweils rund 50 Prozent zu (2040: rund 105 Milliarden Kilometer). Nutzfahrzeuge legen bis 2040 sogar die doppelte Kilometerzahl zurück (rund 200 Milliarden Kilometer). Der Personenverkehr steigt zwar weniger stark an, allerdings machen Wege wie etwa zum Supermarkt, Sportverein oder zum Arbeitsplatz in 20 Jahren immer noch den größten Anteil aus (rund 591 Milliarden Kilometer). Dabei kommt der private Pkw besonders im ländlichen Raum zum Einsatz. Dort Ansässige legen aufgrund der eingeschränkten Infrastruktur öfter weitere Distanzen zurück. Anders als in der Großstadt, in der durch vielfältige Mobilitätsangebote das eigene Auto häufiger stehen bleibt. Im Jahr 2040 werden dort autonome Fahrzeuge fahren, die dann bereits 25 Prozent der Gesamtflotte ausmachen.

Tankstelle der Zukunft ist ein wichtiger Baustein der Mobilität

Die Tankstelle der Zukunft wird nach der Überzeugung der Studienautoren in den kommenden 20 Jahren wichtige Anlaufstellen im mobilen Alltag sein. Gleichzeitig wird sie durch neue und bestehende Mobilitätsangebote buchstäblich zur Drehscheibe der Mobilität. Die drei klassischen Angebotssäulen– Kraftstoffe, Shop und Autowäsche – profitieren von den Veränderungen im Verkehr und entsprechender Nachfrage. Für das Kraftstoffgeschäft bedeutet das eine Erweiterung der Angebotspalette. Laut Studie fahren Pkw im Jahr 2040 zunehmend teilelektrisch mit Hybridantrieb. Benzin- und Diesel-Hybride haben mit 58 Prozent den größten Anteil am gesamten Pkw-Bestand.

Aber auch Plug-In-Hybride sind mit 16 Prozent vertreten. Effiziente benzin- und dieselbetriebene Fahrzeuge machen in der gesamten Fahrzeugflotte knapp ein Viertel aus. Rechnet man die Diesel- und Benzin-Hybrid-Autos hinzu, so tanken insgesamt zwei Drittel der Pkw-Flotte immer noch regelmäßig konventionelle Kraftstoffe – zunehmend kombiniert mit weiterentwickelten Biokomponenten und synthetischen Kraftstoffen. Zudem wird es auch mehr Ladesäulen geben. Ohne regulatorische Maßnahmen fahren laut DLR-Prognose rund drei Prozent der Pkw sowie 13 Prozent der Nutzfahrzeuge 2040 ausschließlich batterieelektrisch. Alternativ bieten die Stationen verflüssigtes und komprimiertes Erdgas (LNG, CNG), Wasserstoff und möglicherweise Autogas (LPG) an. „Ein breiter Kraftstoffmix entspricht nicht nur zukünftigen Marktanforderungen, sondern ist auch gleichzeitig der Schlüssel zur Erreichung der Klimaziele im Verkehrssektor“, so Patrick Wendeler.

Chancen für den Tankstellenshop

Mit der zunehmenden Mobilität ergeben sich auch Wachstumschancen für das Shopgeschäft: Unterwegsversorgung sowie flexible und bedarfsgerechte Einkaufsmöglichkeiten werden stärker nachgefragt. Per „Home-Delivery“ können die Einkäufe mit autonomen Fahrzeugen nach Hause geliefert werden. Zudem können Kunden vor Ort in Bistros auf das Pooling-Fahrzeug warten. Von der wachsenden Zahl geteilter Fahrzeuge profitiert auch die Autowäsche, da die Wagen öfter gereinigt werden müssen.

Neue Mobilitätstrends setzen sich im dichten Großstadtverkehr am schnellsten durch. Dort bündelt die Tankstelle viele dieser Angebote: E-Bikes, autonome Sharing- und Pooling-Fahrzeuge sowie Lufttaxis stehen bereit und werden während ihrer Standzeit geladen bzw. gewartet. An Automaten können Zweiradfahrer – ob Kurierdienst oder privat – ihre Akkus tauschen. Für Wartende hält das Bistro frische, verzehrfertige Speisen und Getränke bereit. Geschäftsleute können außerdem Meetingräume anmieten. Eine mehrgeschossige Bauweise ermöglicht diese Angebotsvielfalt im urbanen Raum.

Umsteigeplatz mit Rundumversorgung in der Stadt 

2040 pendeln immer mehr Menschen aus umliegenden Gebieten in die Großstädte. An den „Eingangstoren“ im städtisch geprägten Kreis bietet die Tankstelle die Möglichkeit zum Umstieg vom privaten auf kollektive Verkehrsmittel: Mit autonomen Pooling-Fahrzeugen, einem komfortablen Premium-ÖPNV auf einer Extra-Spur oder dem Lufttaxi überbrücken Pendler die „letzte Meile“ ohne Stop-and-Go im Stau. Betreiber autonomer Flotten finden an der Station umfassenden Service: von der Wäsche über ultraschnelles Laden bis hin zu kleineren Wartungsarbeiten. Private Autofahrer können dort ihr Fahrzeug waschen, sich im Shop mit Frische- und Convenience-Produkten versorgen, Wartezeiten im Bistro überbrücken oder die Packstation nutzen.

Tankstelle auf dem Land als Umschlagplatz mit Nahversorgung

Im ländlichen Raum bleibt das eigene Auto zentral für die Mobilität, zumal die zu fahrenden Strecken aufgrund einer sich ausdünnenden Infrastruktur immer länger werden.
Tankstellen können als sozialer Treffpunkt sowie mit einem größeren Shop-Angebot und Paketdienstleistungen den ländlichen Raum bereichern. Neu ist ein kombinierter Personen-Güterverkehr: Handwerker oder Pflegedienste nehmen von der Paketstation an der Tankstelle Lieferungen für ihre Kunden oder Patienten mit und entlasten damit Paketdienstleister von Fahrten in entlegene Gebiete.

Auf der Autobahn: ähnlich wie bisher

Effektive Zeitplanung zählt auch im wachsenden Güterverkehr, der bis 2040 auf vordefinierten Autobahn-Routen automatisiert wird. An autobahnnahen Tankstellen erfolgt der Wechsel von autonomen auf fahrergeführte Lkw für den Stadtverkehr. Die Station bietet zudem ultraschnelle Lademöglichkeiten für elektrische Nutzfahrzeuge bis 3,5 Tonnen und Fernreisende. Erweiterte Gastronomieangebote und funktionelle Übernachtungsmöglichkeiten für Lkw-Fahrer – sogenannte Trucker-Cubes – sind weitere Angebote für den Nutzfahrzeugverkehr. Ausgewählte Standorte werden außerdem zu Haltestellen für Fernbusse. Passagiere können mit Shuttle-Services weiter an ihr Ziel gelangen.

Der wachsende Verkehr, innovative Mobilitätstrends und daraus entstehende zusätzliche Kundenbedürfnisse eröffnen dem Tankstellengeschäft neue Chancen. „Ich bin überzeugt, dass viele der vorgestellten Services im Jahr 2040 Realität sein werden“, fasst Patrick Wendeler zusammen. Für die kommenden Herausforderungen sieht er Aral gut gerüstet – zumal Tests mit Ultraschnellladesäulen für Pkw und Akkuautomaten für Zweiräder bereits in der Umsetzung sind. Aus der Kooperation mit Rewe To Go mit 550 erweiterten Standorten bis zum Ende des Jahres ergibt sich darüber hinaus ein Alleinstellungsmerkmal im Shopbereich.

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