Warum die Verpackungsknappheit jeden im automotive Aftermarket betrifft

Warum die Verpackungsknappheit jeden im automotive Aftermarket betrifft

30. Juni 2021 0 Von Dr. Frauke Hewer

Rohstoffe sind knapp. Das trifft auch auf die Materialien zu, aus denen Verpackungen gemacht werden. Das betrifft auch den Teilehandel. Warum das so ist und wie man sich auf die schwierige Situation einstellen kann, erklärt Verpackungsexperte Michael Horstendahl.

Die Verpackungsindustrie benötigt unterschiedliche Rohstoffe, vor allem Holz, Kunststoffe, Papier und Pappe. Was das mit dem automotive Aftermarket zu tun hat? Die wenigsten Produkte verlassen ihre Hersteller ohne irgendeine Form von Verpackung. Ist sie nicht verfügbar, muss die Ware beim Produzenten bleiben. Diese Situation möchte wohl keiner erleben.

Michael Horstendahl Der Packman
Michael Horstendahl Der Packman

Verpackungen sind knapp

Wir haben über die Details mit einem gesprochen, der seit vielen Jahren in der Verpackungsbranche unterwegs ist. Michael Horstendahl berät Unternehmen bei ihren Verpackungsproblemen. Er gibt Tipps für alle, die Waren auf den Weg bringen möchten.

Herr Horstendahl, warum wirkt sich die Rohstoffknappheit so extrem auf die Verfügbarkeit von Verpackungen aus?

Nicht nur die Coronakrise hat den Rohstoffmarkt durcheinandergebracht. Aber auch. Weil weniger Flugzeuge unterwegs sind, müssen viele Güter jetzt per Schiff transportiert werden. Das hat zu massiv steigenden Transportkosten geführt. Und zu Engpässen bei Containern. Beides schlägt sich nun indirekt auf die Verfügbarkeit von Rohstoffen nieder.

Rohstoffknappheit betrifft Verpackungen besonders

Dazu kommt: wegen der Corona-Situation haben die Stahlhersteller aufgrund sinkender Aufträge aus der Automobilindustrie ihre Kapazitäten zurückgefahren. Gleichzeitig boomt die Bauindustrie. Sie ist in hohem Maße auf unterschiedliche Rohstoffe wie Holz, Stahl und auch Kunststoff angewiesen und sorgt für Engpässe bei der Verfügbarkeit. Gleichzeitig steigen so die Preise für sehr viele Rohstoffe.

Aber nicht nur Rohstoffe sind knapp, die Handelswege wurden ja auch durchgeschüttelt, oder?

Das ist richtig. Ein Stillstand im chinesischen Hafen Yantian hat den Welthandel ordentlich durcheinandergebracht. Zwischen Ende Mai und Mitte Juni war dieser wichtige Umschlagplatz gesperrt, weil es einige Corona-Fälle unter den Hafenarbeitern gegeben hatte. Das wird uns wahrscheinlich noch bis zum Jahresende beschäftigen. Dieser Engpass betrifft natürlich nicht nur Verpackungen. Aber eben auch.

Normalerweise braucht ein Container aus China etwa drei Wochen, bis er bei uns ist. Derzeit können wir von etwa 50 Tagen ausgehen. Das ist mehr als doppelt so lange wie normal und bringt so manchen Warenstrom in Schieflage.

Umweltbewusstsein treibt Verpackungspreise

Was macht denn die Rohstoffe außer Corona teuer?

Bei Papier und Pappen oder Kartonagen beobachten wir derzeit einen Umstieg auf so genannte „alternative und nachhaltigere“ Lösungen aus Papier oder Karton. Das führt zu höherer Nachfrage. Viele möchten eben eine „grüne“ Lösung anstatt einer aus Kunststoff. Das treibt die ohnehin schon vorhandene Knappheit bei Grundstoffen für Kartonagen derzeit drastisch in die Höhe. Dazu kommen noch steigende Exporte nach Asien, weil dort die Wirtschaft brummt. Gleichzeitig boomt weltweit der Online-Handel, der einfach von sich aus schon viel Verpackungen benötigt. Alles zusammengenommen macht die Situation wirklich prekär.

Was bedeutet all das jetzt für Papier und Kartonagen?

Bei Papier und Kartonagen ist es schwierig. Bei Folien und Kunststoffen ist es noch dramatischer. Derzeit sind mehrere Anlagen der Petrochemie für Grundstoffe der Kunststoffindustrie nicht in Betrieb. Dazu kommt, dass einige der weltweit führenden Anbieter von solchen Grundstoffen sie künstlich verknappt haben, um die Preise hochzutreiben. Das ist ihnen mehr als gelungen.

Betroffen sind dadurch fast alle Kunststoffe. Preisaufschläge von bis zu 75 Prozent beschäftigen die Verpackungsbranche. Auch recycelte Kunststoffe sind im Preis um über die Hälfte angestiegen. Diese Entwicklungen haben alle in den letzten sechs Monaten stattgefunden, es geht also wirklich schnell. Ein Ende ist noch gar nicht absehbar.

Der Kampf um knappe Rohstoffe

Wie sieht es denn beim Holz aus? Paletten sind ja auch schon knapp geworden…

Die Bauindustrie boomt und benötigt sehr viel Holz, vor allem in Nordamerika. Das Holz dort kam in den letzten Monaten vor allem aus Europa, nicht wie sonst aus Kanada. Wegen des von Trump ausgelösten Handelskriegs bekommen die USA derzeit kein Holz aus dem nördlichen Nachbarland. Auch nach Asien wird aktuell viel Holz verkauft, während gleichzeitig in Osteuropa Wälder mehr geschützt werden.

All das macht Paletten und Holzverpackungen knapp, Pressspanpaletten und OSB-Holz sind kaum noch zu bekommen.

Ist es beim Metall denn auch so?

Verpackungsmaterialien aus Metall sind auch knapp. Wer noch Umreifungsbänder aus Stahl einsetzt, erhält derzeit nur mit Glück Ware. Hier sind die Europäer auf asiatische Märkte angewiesen, die aber ihre Produkte derzeit lieber selber verarbeiten anstatt sie zu uns zu exportieren.

Extrem lange Lieferzeiten

Das klingt ja dramatisch. Was bedeutet das denn für alle, die Waren transportieren?

Wer Verpackungen benötigt, muss derzeit mit Lieferzeiten rechnen, die vier- bis fünfmal so hoch sind wie üblich. Kartonagenaufträge – normalerweise mit Lieferzeit von zehn Arbeitstagen – werden mit Lieferzeit von drei bis vier Monaten bestätigt. Es schadet also nicht, jetzt schon an die Wintermonate zu denken.

Jeder Verantwortliche sollte auf jeden Fall den Kontakt zu seinem Verpackungshändler suchen. Der kann ihn am besten dabei beraten, wie man sich in seinem konkreten Fall verhalten sollte. Hamstern ist ja auch keine Lösung. Das sorgt nur für weitere Verknappung und treibt die Preise in die Höhe. Sie kennen das ja vom Toilettenpapier im Frühjahr 2020.

Lieferungen verzögern?

Manch einer behilft sich damit, die Lieferungen an seine Kunden etwas zu verzögern. Die Belieferung im Nachtsprung haben einige Online-Händler schon ausgesetzt. So versuchen sie, Lieferverzüge zu umgehen.

Was können denn Unternehmen tun, um diesen Problemen zu begegnen?

In der Verpackungsbranche geht man davon aus, dass sich das Dilemma nicht vor Ende des Jahres bessern wird. Natürlich steht immer die Frage der alternativen Verpackung im Raum, die Optimierung der Verpackung auf Mengen oder Alternativen. Durch die Verknappung der Rohstoffe explodieren ja wie gesagt auch die Preise. Hier sollte man das Gespräch mit den Verpackungsexperten suchen, um über mögliche Alternativen zu sprechen.

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