Wird es weitere Übernahmen im Kfz-Teilehandel geben?
23. Juni 2021In den vergangenen Jahren gab es im Kfz-Teilehandel einige Übernahmen. Teilehändler Hess hat Schwenker und Werthenbach übernommen, LKQ hat Stahlgruber geschluckt. Werden wir in Zukunft weitere große Übernahmen sehen? Wir haben mit Bernhard Rittel von der Unternehmensberatung Markus Partners gesprochen.
amt: Warum finden in den letzten Jahren verstärkt Übernahmen im Kfz-Teilehandel statt?
Bernhard Rittel: Die Werkstätten als wichtigste Kundengruppe des Kfz-Teilehandels haben heute eine große Transparenz bezüglich des Angebots der Teilehändler in ihrer Region. Sie entscheiden nach Verfügbarkeit, Preis und Lieferbedingungen (möglichst kostenlos und schnell). Dies führt zu einem intensiven Preis- und Wettbewerbsdruck unter den Kfz-Teilehändlern.
Kfz-Teilehandel: der Markt konsolidiert sich weiter
Um dem Druck zu begegnen, versuchen die Teilehändler, ihre Lagerbestände und Logistikprozesse zu optimieren sowie die Einkaufsbedingungen zu verbessern. Letzteres ist abhängig von den Einkaufsvolumina bei den Lieferanten aus der Industrie. Diese Größenvorteile sind wesentlicher Grund für die fortschreitende Marktkonsolidierung durch Übernahmen regionaler Händler. Die Einkaufskooperationen im Kfz-Teilehandel haben diese Marktkonsolidierung vielleicht einige Jahre verzögert, letztlich aufgehalten haben sie die Entwicklung jedoch nicht.
amt: Was unterscheidet aus Ihrer Sicht den Kfz-Aftermarket von anderen Märkten, in denen Sie sich bewegen?
Bernhard Rittel: Der Kfz-Aftermarket bietet wenig Möglichkeiten für echte Innovation oder zur deutlichen Differenzierung des Produkt- und Leistungsangebotes für den Kunden. Eine ähnliche Situation gibt es – auch aufgrund des zunehmenden Internet-Handels – natürlich auch in anderen Großhandelssegmenten.
Kundenbindung im Kfz-Teilehandel erhalten
Der Fokus der Marktteilnehmer muss daher auf dem Erhalt der Kundenbindung liegen. Daneben sind sämtliche Geschäftsprozesse zu optimieren und dort, wo es sinnvoll möglich ist, schrittweise zu digitalisieren. Das erfolgreiche Agieren unter solchen Wettbewerbsbedingungen erfordert eine präzise und detaillierte Kostenrechnung. Nach unserem Eindruck gibt es auch diesbezüglich noch Nachholbedarf bei den Marktteilnehmern.
amt: Welche Unternehmen in unserem Markt sind potenzielle Übernahme-Kandidaten für Finanzinvestoren und warum?
Bernhard Rittel: Finanzinvestoren sind in der Regel an Unternehmen interessiert, deren Geschäftsmodell eine stabile und attraktive Marge in Relation zur notwendigen Kapitalbindung aufweist und daneben Wachstumsmöglichkeiten bietet.
Kein Betätigungsfeld für Finanzinvestoren
Aufgrund der vergleichsweise schwierigen Gegebenheiten im Kfz-Teilehandel ist diese Branche nicht von besonderem Interesse für Finanzinvestoren. Das Interesse von Finanzinvestoren kann sich jedoch dort ergeben, wo durch schnelle Konsolidierung in relativ kurzer Zeit große Einheiten geschaffen werden können. In der Vergangenheit hat es solche Entwicklungen im Kfz-Teilehandel bereits gegeben, weitere sind durchaus denkbar.
amt: Von welchen Playern werden in den nächsten Jahren Übernahmen ausgehen und warum?
Bernhard Rittel: Übernahmen werden in den nächsten Jahren voraussichtlich von größeren mittelständischen Unternehmen ausgehen, die sich bewusst dafür entscheiden, an der Konsolidierung im Markt aktiv teilzunehmen, gegebenenfalls in Partnerschaft mit Finanzinvestoren. Demgegenüber sind die Möglichkeiten der großen bundesweiten Marktteilnehmer für weitere Zukäufe in Deutschland durch das Kartellrecht stark eingeschränkt.
Anstehende Übernahmen gut vorbereiten
amt: Was raten Sie Unternehmen, die vor einer Übernahme stehen?
Bernhard Rittel: Ein Unternehmensverkauf sollte gut und gründlich vorbereitet werden, das gilt auch im Kfz-Teilehandel. Für einen erfolgreichen Verkaufsprozess empfiehlt es sich, auf das Wissen und die Erfahrung eines Beraters zurückzugreifen, der sich mit Transaktionsprozessen und dem Marktumfeld auskennt.