Aftermarket: es droht ein Umsatzrückgang von 55 Prozent

Aftermarket: es droht ein Umsatzrückgang von 55 Prozent

30. September 2019 1 Von Dr. Frauke Hewer

Das Wirtschaftsberatungsunternehmen Deloitte hat eine neue Studie mit dem Titel „Future of Sales and Aftersales“ erstellt. Eines der Ergebnisse: durch die alternativen Antriebe wird es in den kommenden 15 Jahren einen Umsatzrückgang im Ersatzteil-, Service- und Reparaturgeschäft um 55 Prozent geben.

Die vier Megatrends der Branche – Konnektivität, alternative Antriebe, Carsharing und autonomes Fahren -, aber auch generelle Entwicklungen wie der demografische Wandel oder die Urbanisierung bis 2035 wirken sich auf das Geschäftsmodell der Autohersteller in Deutschland aus. Im Aftermarket, also im Ersatzteil-, Service- und Reparaturgeschäft, droht laut Deloitte in 15 Jahren ein Umsatzrückgang von 55 Prozent.

Aftermarket: Umsatzrückgang über 50 Prozent

Auch der Gewinn des margenträchtigen Geschäfts halbiert sich entsprechend. Der Grund liegt in alternativen Antrieben, insbesondere im Elektroantrieb, dessen Einsatz die Studienautoren in einem Basisszenario auf 40 Prozent der Neufahrzeugverkäufe schätzen. Da diese Elektrofahrzeuge weniger Wartung und Reparaturen brauchen, sinken die Umsätze in diesem Bereich für einen durchschnittlichen Fahrzeughersteller im deutschen Markt von derzeit 300 auf 48 Mio. Euro im Jahr – ein Rückgang um 84 Prozent. Gleichzeitig sinkt der Gewinn aus diesem Geschäft von 101 auf 16 Mio. Euro.

Auch das hoch profitable Ersatzteilgeschäft geht zurück – von 205 auf 84 Mio. Euro, denn Elektroautos haben weniger Verschleißteile als herkömmliche Fahrzeuge. Lediglich das Reifengeschäft profitiert von den steigenden Fahrleistungen. „Die Automobilhersteller müssen sich jetzt darauf einstellen und ihren Vertrieb sowie das Werkstattgeschäft auf die neue Mobilität ausrichten. Sonst geht ihnen ein erheblicher Teil des Geschäfts verloren“, sagt Dr. Thomas Schiller, Partner und Leiter Automobilindustrie bei Deloitte.

Autohandel: Umsatzrückgang um 53 Prozent

Auch im Autohandel stehen tiefgreifende Veränderungen an: Wenn sich unabhängige Mobilitätsdienstleister zwischen die Automobilhersteller und ihre Kunden drängen, sinken die Gewinne aus dem Verkauf von Fahrzeugen bis 2035 um 53 Prozent. Denn die neuen Intermediäre werden mit ihrem direkten Kundenzugang erhebliche Marktmacht innehaben.

Besetzen Online-Vermittler das Privat- und Firmenkundengeschäft, gerät auch dieser Bereich unter Druck. Automobilhersteller sind daher gut beraten, eigene Online-Verkaufskanäle zu etablieren und das Direktgeschäft unter Umgehung des traditionellen Autohandels auszubauen. Dadurch können sie ihre Vertriebskosten senken, vermeiden den Wettbewerb zwischen den eigenen Händlern und steigern so die Gewinnmarge im Vertrieb. „Trotz des Umsatzrückgangs von 16 Prozent bleibt der Fahrzeugverkauf ein attraktives Geschäft, wenn die Autohersteller ihr Vertriebsnetz radikal umbauen“, sagt Schiller. So empfiehlt Deloitte, Neuwagen in attraktiven Innenstadtlagen zu präsentieren und am Stadtrand Testfahrt- und Service-Zentren aufzubauen.

Sinkender Neuwagenverkauf

Die Zahl der verkauften Neuwagen sinkt im kommenden Jahrzehnt kontinuierlich. „Dafür sind gleich mehrere Gründe verantwortlich“, so Schiller. „Dazu gehören beispielsweise neben einer alternden Gesellschaft eben auch Mobilitätsangebote wie Carsharing. In urbanen Großräumen wird es attraktive Alternativen zum eigenen Auto wie autonome Shuttle-Dienste und Roboter-Taxis geben.“

Ein Wachstumsbereich sind Finanzdienstleistungen: 2035 werden mehr als die Hälfte aller Neuwagen an Firmen und Flotten verkauft, derzeit sind es 37 Prozent. Damit wächst das Leasing- und Kreditgeschäft um 31 Prozent auf 1,3 Mrd. Euro. Weitere Chancen ergeben sich für die Autohersteller, wenn es ihnen gelingt, Mobilität als Service zu verkaufen. Dazu Thomas Schiller: „Aus Autoherstellern müssen Mobilitätsdienstleister werden, die ihren Kunden ein Fahrzeug oder einen Shuttle-Service genau dann anbieten, wenn diese mobil sein wollen.“ Allerdings werden die Hersteller um dieses Geschäft kämpfen müssen, denn auch neue Player wie Uber, Waymo oder die klassischen Nahverkehrsunternehmen drängen in den Markt, der für einen durchschnittlichen Autohersteller ein Volumen von 4,8 Mrd. Euro haben wird. Derzeit sind es noch 600 Mio. Euro.

Alle müssen sich verändern

„Unsere Studie zeigt, dass die Automobilhersteller in den nächsten 15 Jahren durch herausfordernde Zeiten gehen“, sagt Thomas Schiller. „Ohne tiefgreifenden Wandel werden sie es kaum schaffen, 2035 noch profitabel zu sein.“ Die Deloitte-Studie kommt zu dem Schluss: Selbst wenn die Unternehmen die richtigen Themen jetzt adressieren, wird es nicht einfach, den Rückgang des traditionellen Autogeschäfts durch neue Geschäftsmodelle zu kompensieren.

Hier klicken und Beitrag bewerten