Datenspur: Was das Auto über uns weiß

Datenspur: Was das Auto über uns weiß

27. November 2019 1 Von Jürgen Rinn

Bei der Allianz Versicherung fordert man mehr Transparenz und einheitliche Standards zu im Auto gespeicherten Daten. Denn moderne Fahrzeuge speichern zum Beispiel bei Unfällen eine Reihe von Ereignisdaten ab, die für die Unfallaufklärung zunehmend unabdingbar sind. Diese Datenspur haben aktuell viele Player im Fokus.

Bereits seit der Einführung des Antiblockiersystems (ABS) sind sichtbare Spuren wie Brems-, Blockier- oder Driftspuren am Unfallort immer schwerer zu finden. Heute kann eine Vielzahl von modernen Assistenzsystemen vor einem Unfall aktiv sein und den Unfallablauf maßgeblich beeinflussen. Deshalb werden die Analyse und Aufklärung von Unfällen mit den herkömmlichen Methoden mit zunehmender Automatisierung von Funktionen immer schwieriger.

USA: Standards für die Datenspur seit 2006

Es muss in Zukunft für Halter, Versicherungen, Behörden und Sachverständige für die Unfallrekonstruktion transparent sein, welche digitalen Unfallspuren zur Aufklärung zur Verfügung stehen. Dazu gehört unter anderem die Information darüber, in welchen Fahrzeugmodellen welche Daten aufgezeichnet werden und wie und ob diese auslesbar sind. Während in den USA ein Mindeststandard für die Datenaufzeichnung in den Fahrzeugen bereits seit 2006 existiert, fehlt in der EU bis heute eine entsprechende Regelung.

Datensicherung vor und nach dem Unfall

Auf dem 7. Allianz Autotag in Ismaning beschäftigten sich Experten der Allianz, der Automobilwirtschaft, der Wissenschaft und Behörden mit der digitalen Unfallaufklärung bei modernen Fahrzeugen. Dazu gehören auch die künftigen Anforderungen an standardisierte Datenspeicher und fairen Zugang zu diesen Informationen.

„Rechtssicherheit sowie Verbraucher- und Opferschutz können nur gewährleistet werden, wenn sich auch bei hochautomatisierten Fahrzeugen Hergang und Ursachen von Unfällen schnell und umfassend aufklären lassen. Es muss künftig möglich sein zu klären, ob der Mensch oder das Auto den Unfall verursacht hat.“

Joachim Müller, Vorstandsvorsitzender der Allianz Versicherungs-AG

Unfall: mit oder ohne Verletzte?

Bei der Unfallaufklärung muss auch das Interesse der Betroffenen am Schutz ihrer Datenspur berücksichtigt werden. Nicht jeder möchte akzeptieren, dass im Schadenfall sein eigenes Fahrzeug vor Gericht gegen ihn aussagt. Nach Ansicht der Allianz müssen Unfälle mit Verletzten oder Straftaten anders bewertet werden als Sachschäden. „Wenn ein Mensch verletzt oder getötet wurde, sollten alle im Fahrzeug nutzbaren Daten zur Aufklärung der Schuldfrage herangezogen werden können. Bei einem reinen Sachschaden sollte sich kein Beteiligter durch seine Daten aus dem Fahrzeug selbst belasten müssen“, sagte Müller.

Wichtigste Positionen der Allianz zur digitalen Unfallaufklärung mit der Datenspur

Die Allianz fordert mehr Transparenz zu den im Fahrzeug gespeicherten Fahrzeugdaten bei einem Verkehrsunfall. Die Fahrzeughalter müssen sich einfach und unkompliziert über die Daten informieren können, die in ihrem Auto gesichert werden. Die Standards, die derzeit von der EU für künftige Unfalldatenspeicher und Fahrmodusspeicher entwickelt werden, müssen geeignet sein, Verkehrsunfälle mit modernen Fahrzeugen aufzuklären. Dafür reicht ein kurzes zeitliches Fenster von einigen Sekunden vor und nach dem Unfall aus.

Insbesondere müssen Eingriffe von Fahrerassistenzsystemen abgespeichert werden, sofern sie in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit einem Unfallereignis stehen. Dies ist erforderlich, weil Fahrerassistenzsysteme zunehmend Einfluss auf den Hergang von Unfällen nehmen.

Bei Sachschäden soll es der Entscheidung des Betroffenen obliegen, ob die Daten seines Fahrzeugs zur Unfallaufklärung genutzt werden. Sind Menschen verletzt oder getötet worden, oder handelt es sich um eine Straftat, überwiegt das öffentliche Interesse an der Aufklärung der Schuldfrage. Die Daten können in diesem Fall auch gegen den Willen des Betroffenen verwendet werden.

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